Justiz ermittelt gegen Airbus-Chef

Das Verteidigungsministerium schießt scharf gegen den Airbus-Konzern und will 1,1 Millionen Euro an Schadenersatz.
Das Verteidigungsministerium schießt scharf gegen den Airbus-Konzern und will 1,1 Millionen Euro an Schadenersatz.(c) APA/HARALD SCHNEIDER
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Die Staatsanwaltschaft Wien untersucht den Ankauf der Abfangjäger. Zu den nun bekannt gewordenen Ermittlungen wollte Airbus nicht Stellung nehmen.

Wien. Die Anzeige des Verteidigungsministeriums gegen Eurofighter und den Airbus-Konzern als eine der Mutterfirmen hat einen ersten Erfolg gezeigt: Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, im Visier steht auch Konzernchef Thomas Enders: Gegen den Vorstandschef des Flugzeugbauers wird wegen schweren Betrugs ermittelt – das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien bestätigte die Ermittlungen, die im Februar aufgenommen wurden.

Auslöser der Ermittlungen ist eine Anzeige des Verteidigungsministeriums, in der Eurofighter und Airbus schwerer Betrug vorgeworfen wird. Beim Ankauf der Luftraumüberwachungsflugzeuge sei die Republik über deren wahren Wert getäuscht worden. Denn im Kaufpreis seien 183 Millionen Euro enthalten gewesen, die laut Airbus-Angaben zur Abwicklung der Gegengeschäfte verwendet wurden. Staatsanwaltschaft wie auch Verteidigungsministerium vermuten, dass ein Teil dieser Mittel für Schmiergeldzahlungen verwendet wurde. Aber auch Gegengeschäftskosten hätten eigens ausgewiesen werden müssen, das haben Airbus bzw. die Vorgängerorganisation EADS nicht gemacht.

Es gibt noch eine Begründung für den Betrugsverdacht: Airbus sei seinerzeit gar nicht fähig und nicht willens gewesen, die Flugzeuge in der vereinbarten Form zu liefern. Vereinbart waren Flieger der Tranche II sowie der Tranche I, die später nachgerüstet würde. Tranche II war aber bis zum Lieferdatum 2007 nicht verfügbar, und ihre Aufrüstung wäre nur mit enormem finanziellen Aufwand möglich gewesen, so die Argumentation des Ministeriums. Österreich fordert von Airbus Schadenersatz in der Höhe von mindestens 1,1 Milliarden Euro.

Airbus weist Vorwürfe zurück

Der Rheinland-Pfälzer Enders, der seit 2012 Vorstandschef ist, war zum Zeitpunkt des österreichischen Eurofighter-Geschäfts in einer Schlüsselrolle, nämlich als Chef der Defence-Sparte bei EADS. 2004 wurde er Chef von EADS Deutschland. Der Konzern hat die Vorwürfe bisher immer zurückgewiesen, und so auch gestern Mittwoch: Ein Sprecher bestätigte zwar die Ermittlungen der Wiener Staatsanwaltschaft gegen Enders (58), wies die Vorwürfe laut Reuters aber zugleich als „haltlos“ zurück.

ZUR PERSON

Thomas Enders (58)
ist seit 2012 Vorstandschef des Flugzeugkonzerns Airbus. Davor war er Leiter der Defence-Sparte bei EADS (später in Airbus umbenannt) und Chef von EADS-Deutschland. Airbus ist nach Boeing das zweitgrößte Luftfahrtunternehmen der Welt. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2017)

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