ÖBB: Schwächere Zahlen, viele Erklärungen

„Wir wollen zeigen, womit wir uns wirklich beschäftigen“, so ÖBB-Chef Andreas Matthä (rechts) bei der Präsentation der Bilanz 2016 mit seinem Finanzvorstand, Josef Halbmayr.
„Wir wollen zeigen, womit wir uns wirklich beschäftigen“, so ÖBB-Chef Andreas Matthä (rechts) bei der Präsentation der Bilanz 2016 mit seinem Finanzvorstand, Josef Halbmayr.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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2016 mussten die ÖBB trotz höherer Zahlungen der öffentlichen Hand einen geringeren Gewinn vermelden. Schuld daran seien unter anderem positive Einmaleffekte im Jahr zuvor gewesen – als Kanzler Kern noch ÖBB-Chef gewesen ist.

Wien. Auch der äußerliche Auftritt ist oft ein Signal. Statt in die moderne Konzernzentrale am Wiener Hauptbahnhof – wie sein Vorgänger und jetzige Bundeskanzler, Christian Kern – lädt ÖBB-Chef Andreas Matthä am Donnerstag in die ÖBB-Werkstätte im äußeren Simmering, um die Bilanzzahlen des Jahres 2016 vorzustellen. „Wir möchten zeigen, womit wir uns wirklich beschäftigen“, so Matthä zu Beginn seiner Präsentation.

Neben einem neuen Fahrgastrekord mit 461 Millionen Reisenden im vergangenen Jahr gehören dazu aber auch erstmals seit 2013 wieder gesunkene Gewinne. So konnte die heimische Staatsbahn im Vorjahr mit 166,2 Mio. Euro um 26,6 Mio. Euro weniger verdienen als im Jahr zuvor. Dies, obwohl die staatlichen Leistungen für von Bund, Ländern und Gemeinden bestellte Verkehre im vergangenen Jahr um fast 70 Mio. Euro auf eine Milliarde gestiegen sind.

Sondereffekt im Jahr 2015

Zwei Gründe seien dafür verantwortlich, so die ÖBB-Spitze. Zuerst einmal habe es 2015 einen Sondereffekt in Form der Auflösung einer 85 Mio. Euro schweren Rückstellung gegeben, der damals die Personalkosten einmalig deutlich reduziert habe. 2016 habe es diesen Effekt nun nicht mehr gegeben. Bedeutet das, dass Kern seine letzte Bilanz mit dem Rekordgewinn von 192,8 Mio. Euro durch Glück zusammengebracht hat? Nein, bemüht sich der damalige und heutige Finanzvorstand, Josef Halbmayr, zu versichern. Die Rückstellung wurde ja erst 2014 gebildet und musste daher ebenfalls im laufenden Geschäft erst verdient werden.

Und auch für den Umstand, dass die Zahlungen für bestellte Verkehre um 70 Mio. Euro gestiegen sind, während der Umsatz sich nur um 20 Mio. Euro auf 5,25 Mrd. Euro erhöht hat, gäbe es eine Erklärung. So habe man die Abrechnung mit den Ländern bei bestellten Buslinien verändert. Die ÖBB erhalten nun einen höheren Pauschalbetrag von den Bestellern, dafür fließen die Ticketeinnahmen vollständig an die Länder anstatt in die Kasse der Bahn. Auf dem Papier steigt so der staatliche Zuschuss, während der Marktumsatz fällt.

Als Gründe für die schlechtere Performance der Bahn werden daher gänzlich andere Effekte genannt. So habe die Pleite der südkoreanischen Reederei Hanjin zu geringerem Gütervolumen in Europa geführt. Und auch der Krieg in der Ukraine habe nach wie vor Auswirkungen, weil Stahllieferungen ausbleiben. Zu guter Letzt habe man auch noch die Nachwirkungen der Flüchtlingswelle von 2015 in Form der Grenzkontrollen gespürt. „Die Passagiere mussten an den Grenzen die Züge wechseln. Viele sind daher auf andere Verkehrsmittel gewechselt“, so Matthä. Trotz all dieser Faktoren sei die ÖBB-Güterverkehrstochter die einzige Güterbahn Europas gewesen, die überhaupt ein positives Ergebnis erzielen konnte.

2,8 Mrd. Euro vom Steuerzahler

Für die Steuerzahler nur wenig Trost. Sie mussten für die heimische Bahn im vergangenen Jahr in Summe nämlich einen Betrag von 2,8 Mrd. Euro in die Hand nehmen. Neben der einen Milliarde für bestellte Verkehre und „gemeinwirtschaftliche Leistungen“ wie Schülerfreifahrten zahlte der Bund wie in den Jahren zuvor 1,1 Mrd. Euro für den Betrieb des Schienennetzes. Darüber hinaus wurde die Rückzahlung des auf Pump finanzierten Ausbaus mit einer Annuitätenzahlung von 691,6 Mio. Euro gestützt. Dieser Betrag stieg um knapp 60 Mio. Euro und wird sich auch in den kommenden Jahren erhöhen. Denn die Verschuldung der Bahn stieg durch das Ausbauprogramm um 482 Mio. Euro auf 22,8 Mrd. Euro. Allerdings habe sich auch das Sachanlagevermögen im gleichen Zeitraum um 970 Mio. Euro auf 24,4 Mrd. Euro erhöht, so Matthä.

„Wir werden auch künftig sorgsam mit den Mitteln der Steuerzahler umgehen“, sagt Matthä. Man habe in den vergangenen Jahren bereits viel gespart. So sei der Gesamtaufwand seit 2006 um 11,6 Prozent gestiegen, während sich die Inflation im selben Zeitraum um 22 Prozent erhöht habe. Auch beim Personal sei man inzwischen deutlich unter einstigen Planzahlen. Zwar haben die ÖBB nach wie vor etwas mehr als 40.000 Mitarbeiter. Aber nur mehr 35.000 davon seien in Österreich beschäftigt, ohne den Postbus habe man überhaupt nur mehr 31.000. Einst formulierte Ziele von einem notwendigen Personalstand von unter 40.000 Mitarbeitern seien daher mehr als erreicht, so Matthä. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2017)

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