Androsch: „Wollen Kooperation, keine Übernahme“

Hannes Androsch
Hannes Androsch(c) Clemens Fabry
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Das Austrian Institute of Technology (AIT) will mit neuen Partnern weiter wachsen. Schlucken wolle man diese – Joanneum Research und Profactor – aber nicht, betont Hannes Androsch, seit zehn Jahren Chef des Aufsichtsrats.

„Wir leiden nicht an Größenwahnsinn, wollen aber in vernünftigem Ausmaß an die Expansion gehen“, sagt Hannes Androsch, Aufsichtsratsvorsitzender des Austrian Institute of Technology (AIT). Das will man einerseits durch neue Geschäftsfelder und andererseits durch Kooperationen. Denn nach zehn Jahren der Umstrukturierung und Neuausrichtung sei es für Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung an der Zeit zu wachsen, zog Androsch am Mittwochabend in Wien vor Journalisten Bilanz.

Den Anfang sollen die steirische Forschungsgesellschaft Joanneum Research und die oberösterreichische Profactor, eine auf angewandte Produktionsforschung spezialisierte außeruniversitäre Einrichtung mit Sitz in Steyr, machen. Österreich sei zu klein für eine Zersplitterung, man müsse die Kräfte daher stärker bündeln, so Androsch, der betonte, dass es sich dabei um „keine Übernahme“, handle: Man wolle „nichts dominieren“.

Dennoch, die Produktionsforschung passt u. a. gut zum neuen AIT-Schwerpunkt „Vision, Automation Control“. Darin soll Sensortechnik für neue industrielle Anwendungen weiter verbessert werden. Auch die Joanneum Research ist u. a. im Kärntner Lakeside-Park in der Robotik aktiv. Die steirische Forschungseinrichtung musste zu Jahresbeginn Rückstellungen von rund 7,14 Millionen Euro vornehmen, da das Finanzamt Graz den Status der Gemeinnützigkeit nicht mehr anerkannte. Dazu kommt eine Rückforderung aus dem Titel einer Forschungsprämie. Das Land Steiermark übernahm schließlich eine Haftung im Ausmaß von 5,6 Millionen Euro.

Vor zehn Jahren am Ende

Noch weit schwieriger war die Situation des AIT vor zehn Jahren: Die Austrian Research Centers (ARC), wie sie damals hießen, seien „mehr oder weniger am Ende gewesen, die Industrie wollte aussteigen“, erzählte Androsch. Dieser hatte den Vorsitz des Aufsichtsrats vor zehn Jahren – im Mai 2007 – übernommen. Der Ruin wurde verhindert, mittlerweile könne man die Neuaufstellung als geglückt bezeichnen.

Neben der wirtschaftlichen Sanierung erfolgte inhaltlich eine „Fruchtbegradigung“: Die Betätigungsfelder wurden zunächst von 18 auf fünf reduziert. Seit Jahresbeginn hat sich das AIT nun wieder etwas ausgebreitet: auf acht Zentren – „um die einzelnen Themenblöcke nicht zu breit werden zu lassen.“ Neben den nationalen gibt es freilich eine wachsende Zahl internationaler Kooperationen. Wie die Zusammenarbeit mit Joanneum Research und Profactor konkret aussehen soll, sei allerdings noch „work in progress“, heißt es von Seiten des AIT.

Aufsichtsratschef Androsch zeigte sich jedenfalls zufrieden mit der Entwicklung der vergangenen Jahre. Er will daher bei der anstehenden Neuausschreibung die Geschäftsführung bestätigt sehen: neben Plimon als kaufmännischem Geschäftsführer auch den wissenschaftlichen Geschäftsführer Wolfgang Knoll. „Never change a winning team“, sagt Androsch.

Festhalten will man am AIT jedenfalls an der Ausrichtung auf Qualität und sich weiter auf Zukunftsthemen für Wirtschaft und Gesellschaft konzentrieren. Androsch: „Wir sind zu arm, um uns Mittelmäßigkeit leisten zu können. Das ist das Teuerste.“ (gral)

IN ZAHLEN

1300 Mitarbeiter zählt das Austrian Institute of Technologie (AIT) heute. Vor zehn Jahren waren es rund 300 weniger. Das Institut stand kurz vor dem Ruin.

50,4 Prozent des AIT gehören dem Staat Österreich, 49,6 Prozent sind im Eigentum der Industrie.

137 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete das AIT im Jahr 2015. 40 Prozent davon kommen aus der Basisfinanzierung, der Rest zu je 30 Prozent aus kofinanzierten Projekten und Auftragsforschung aus der Industrie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2017)

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