Wiener SPÖ-Parteitag: Kern erwartet "Weichenstellungen mit ruhiger Hand"

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SPÖ-ParteitagAPA/HERBERT P. OCZERET
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Der Kanzler würdigt den Wiener Bürgermeister. Vor Beginn der Veranstaltung demonstrierten Mitglieder von SJ und VSSTÖ.

Unter dem Motto "Wien besser machen" hat am Samstag der 72. Landesparteitag der Wiener SPÖ begonnen. Vor Beginn der roten Großveranstaltung protestierten zwei Dutzend Mitglieder der Sozialistischen Jugend (SJ) und des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSSTÖ) gegen Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern. Sie postierten sich mit Plakaten, auf denen "Christian, Vorsitzender welcher Partei bist du eigentlich?" oder "Christian du Werner. Gegen die Festung Europa" vor dem Eingang der Messe Wien, in der das Event stattfindet.

Am Vorabend des Parteitages hatte der mühsam ausgehandelte Waffenstillstand im roten Flügelkampf bereits massive Risse gezeigt.

Kern streute in seiner Rede dem Chef der Wiener Genossen, Bürgermeister Michael Häupl, Rosen - und zeigte sich zuversichtlich, dass Häupl seine Nachfolge gut regelt. Der Wiener Parteichef hat bereits angekündigt, nach der nächsten Nationalratswahl zurückzutreten. Dass diese vorgezogen wird, wünscht Kern keinesfalls, wie er heute klarstellte.

"Lieber Michael, der Grund, warum wir heute so stolz auf diese Stadt sind, hat damit zu tun, wie du diese Stadt geführt hast", würdigte der Bundesobmann seinen Parteifreund: "Und ich bin davon überzeugt, genauso wie du diese Stadt geführt hast, mit der selben Umsicht, mit der selben ruhigen Hand, wirst du die Weichenstellungen vornehmen."

"Mein Optimismus ist hier grenzenlos"

Kern versicherte: "Glaub mir, lieber Michael, bei Weichenstellungen kenn ich mich aus. Mein Optimismus ist hier grenzenlos." Den Zeitpunkt seines Abschieds hat Häupl an die nächste Nationalratswahl gekoppelt, die plangemäß 2018 ansteht. Der Bundeskanzler will an dem Termin nicht rütteln - solange es Fortschritte in der Arbeit der Bundesregierung gebe, wie er anmerkte.

"Der Wahltermin ist der Herbst 2018, weil ich überzeugt bin, dass nichts in diesem Land durch vorgezogenen Neuwahlen besser wird." Man werde dem "falschen Ehrgeiz" einiger weniger nicht nachgeben, sondern dafür sorgen, dass die Regierung weiter arbeitet.

"Der politische Gegner ist leicht zu erkennen"

Jene, die in der SPÖ mit einer rot-blauen Zusammenarbeit liebäugeln, wurden von Kern heute eher nicht unterstützt. Wenn eine Partei wie die FPÖ Schüler auffordere, Lehrer zu bespitzeln oder Seminare abhalte, "wie man im Internet richtig hetzt, ohne dass einen die Strafrichter erwischen", dann sei das eine bedrückende Entwicklung. "Der politische Gegner ist leicht zu erkennen. Wir müssen uns gemeinsam darauf konzentrieren, ihn zu bekämpfen, wo wir ihn erwischen", appellierte Kern an die Wiener Genossen.

Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sei eines der vordringlichen Ziele, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Der Regierungschef warnte auch vor dem Abbau von Sozialleistungen. "Wir leben in einer verrückten Zeit", konstatierte Kern. Die Arbeitslosigkeit sinke erst jetzt, erstmals nach sechs Jahren, wieder. Die ÖVP mache gleichzeitig den Vorschlag, die Notstandshilfe zu streichen: "Unsere Politik ist immer die gewesen, denen, die am Boden liegen, aufzuhelfen und zu verhindern, dass die, die vorbeikommen, da noch drauftreten. So werden wir das weiter machen."

Im Mittelpunkt des Parteitags steht die Wiederwahl von Parteichef Michael Häupl, der ein letztes Mal als Parteivorsitzender kandidiert. Ob die internen Querelen der vergangenen Wochen sich auf die Wahlergebnisse auswirken, bleibt abzuwarten. Bei der letzten Vorsitzenden-Wahl im Jahr 2015 erhielt Häupl 95,8 Prozent der gültigen Stimmen. Die Ergebnisse werden laut einer Sprecherin der Partei erst gegen Ende der Veranstaltung, die bis zum Abend dauern dürfte, bekanntgegeben.

Nach den Wahlen geht es um Inhalte: Rund 150 Anträge stehen zur Diskussion und Abstimmung. Die Einreichungen decken ein breites Spektrum ab - von der KAV-Ausgliederung bis zu Entnahmeboxen für Gratiszeitungen. Vom Vorstand wurden vier sogenannte Leitanträge eingebracht. Gefordert werden darin unter anderem ein Mindestlohn von 1500 Euro oder Änderungen im Mietrecht.

>> Lesen Sie mehr über die Ursachen und Bruchstellen des SPÖ-Konflikts in unserem Dossier zum Landesparteitag [premium]

(APA)

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