Häupl "weder Landeskaiser noch Erbhofbauer"

Michael Häupl
Michael HäuplAPA/HERBERT P. OCZERET
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Wiens Bürgermeister bekräftigt beim Landesparteitag der SPÖ, dass er nach der Nationalratswahl zurücktreten will. Die Nachfolgediskussion verlaufe "nicht so, wie wir das in anderen Bundesländern gesehen haben".

Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat am Landesparteitag der SPÖ am Samstag bekräftigt, sich zum letzten Mal der Wahl zum Parteichef zu stellen. "Es wird dieser der Landesparteitag sein, bei dem ich zum letzten Mal als Vorsitzender der Partei kandidiere", sagte er. Die knapp einstündige Rede wurde von fast allen Delegierten mit Standing Ovations und lang anhaltendem Applaus bedacht.

Es sei berechtigt, nach 23, 24 Jahren als Parteivorsitzender zu sagen, dass das "auch ein End' haben muss", meinte er. "Wir müssen uns auf die Aufgaben, die vor uns stehen, voll konzentrieren und uns nicht auf andere Themen wie beispielsweise auch die Personaldebatte, die uns über weite Strecken sehr beschäftigt hat, fokussieren", mahnte er allerdings einmal mehr.

Er bekenne sich dazu, "dass die Nachfolgediskussion nicht so verläuft, wie wir das in anderen Bundesländern gesehen haben". "Ich fühle mich weder als Landeskaiser noch als Erbhofbauer", betonte er. Die Partei werde unmittelbar nach der Nationalratswahl Personalvorschläge diskutieren und dem Landesparteitag vorlegen. "Nicht ich bestimme, wer in Zukunft die Wiener Sozialdemokratie führt, sondern der Parteitag. Das ist mein fester Wille und meine feste Überzeugung", versicherte er.

FPÖ "noch schlimmer als man glaubt"

In Richtung jener Personen innerhalb der eigenen Partei, wie dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), die meinten, man könne mit der FPÖ leichter Sozialpolitik machen als mit der ÖVP, sagte er: "Mit der ÖVP ist das sicher nicht leicht, aber von der FPÖ habe ich überhaupt noch nie irgendeine Zustimmung zur Lösung der sozialen Frage gehört." Diese lehne alles durch die Bank ab. "Hauptsache sie können jedes Mal denselben Sermon bringen: die Ausländer sind schuld", sagte er: "Blöder geht's nicht mehr." Die FPÖ sei "noch schlimmer als man glaubt." Die SPÖ sei eine Partei der positiv denkenden Menschen: "Die, die motschgern, die, die raunzen, wählen uns nicht mehr so wahnsinnig, die wählen andere, die mitmotschgern", sagte er: "Wir wollen nicht Verunsicherung und Angst, sondern wir wollen Hoffnung und Zuversicht."

Den Grünen Koalitionspartner bedachte er mit einem Seitenhieb: "Wenn ich höre, wie uns der Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn, ermahnt hat, uns nicht in Personaldiskussionen zu verwickeln, sondern Sacharbeit für die Wiener zu leisten, dann antworte ich ihm schon gerne darauf, er soll das seinem Spiegelbild in der Früh selber sagen." Er kritisierte die Haltung der Grünen bei Verkehrsinfrastrukturprojekten wie der Donauquerung oder dem "Theater um das Projekt Heumarkt". "Liebe grüne Freunde, arbeiten wir gemeinsam, verantworten wir aber auch gemeinsam", sagte er. "Opposition und Regierung geht gleichzeitig nicht, man muss sich immer entscheiden."

Bundeseinheitliche Regelung bei der Mindestsicherung

In Bezug auf die Verhandlungen zur Mindestsicherung in Wien versicherte er: "Da geht es nicht um die Frage von Kürzungen, sondern darum, wie man die Mindestsicherung möglichst effizient gestalten kann." Wesentlich für die SPÖ seien Maßnahmen zur Reintegration in den Arbeitsmarkt sowie die Umwandlung eines Teils der Geldleistungen in Sachleistungen. Kritik übte er an der Haltung der ÖVP: "Es war unser Ziel - das wir auch erreicht haben - eine bundeseinheitliche Regelung bei der Mindestsicherung zu bekommen." Die ÖVP habe "die erstbeste Gelegenheit" genutzt, um das bundeseinheitliche Modell "zu zerstören".

Häupl sprach sich im Rahmen seiner Rede außerdem für eine Millionärssteuer und eine Wertschöpfungsabgabe aus. "Ob nun der Herr Vizekanzler reden will oder nicht, es wird geredet werden", zeigte er sich überzeugt. "Der Faktor Arbeit ist zu hoch besteuert und der Faktor Wertschöpfung zu gering und das ist auszugleichen." Auch für die Einführung eines Mindestlohns plädierte er: "Nicht unsere Sozialleistungen sind zu hoch, unsere Löhne sind zu gering."

Opposition kritisiert Häupl

Die Opposition hat mit Kritik auf Häupls Aussagen reagiert. Die "Beschimpfung von FPÖ-Wählern" zeuge von schlechten Manieren, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einer Aussendung. Er sprach sich ebenso wie NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger für den Rücktritt des Bürgermeisters aus.

Strache kritisierte "die Ausfälle gegenüber der FPÖ und ihren Wählern" des "schwer angeschlagenen" Bürgermeisters. "Häupl würde sich selbst, der SPÖ und insbesondere der Wiener Bevölkerung einen großen Gefallen erweisen, wenn er sofort und idealerweise im Paket mit Vassilakou, Brauner und Frauenberger zurücktritt, um den Weg für rasche Neuwahlen freizumachen", befand er.

Auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger meinte, die Zeit sei "reif für einen System- und Personalwechsel". Häupl führe "eine Stadtregierung, der jeder Gestaltungswille fehlt", so Meinl-Reisinger in einer Aussendung. "Ich wünsche mir eine Aufbruchstimmung für die Stadt und damit auch eine jüngere Generation an Politikerinnen und Politikern - gerade auch für das Bürgermeisteramt."

ÖVP-Chef Gernot Blümel ortete "Reformverweigerung, das völlige Ignorieren jeglicher Standortpolitik und offenkundige Innovationslosigkeit" in Häupls Ausführungen. Sei es die Forderung nach einer Wertschöpfungsabgabe, nach "einer Freigabe zum grenzenlosen Schuldenmachen" oder nach der flächendeckenden Gesamtschule. "Häupl und die Wiener SPÖ kramen munter in der linken Mottenkiste, anstatt die Antworten auf die Zukunftsfragen der Stadt zu geben", so Blümel.

>> Lesen Sie mehr über die Ursachen und Bruchstellen des SPÖ-Konflikts in unserem Dossier zum Landesparteitag [premium]

(APA)

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