Schäuble vermasselt Griechen-Party

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble weigert sich weiterhin, über einen Schuldenschnitt für Griechenland zu verhandeln.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble weigert sich weiterhin, über einen Schuldenschnitt für Griechenland zu verhandeln. (c) REUTERS
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Konnten Athen und die Geldgeber sich tatsächlich einigen? Nicht ganz. Deutschland steht auf der Bremse. So streitet man sich weiter um die Definition des Wortes „mittelfristig“.

Wien/Berlin/Athen. Es hätte ein angenehmer Dienstag werden können für die Eurozone. Man habe sich geeinigt, hieß es am Vormittag. Mit Griechenland. Der sogenannte Reformstreit sei beigelegt. Die Märkte gaben sich erleichtert. Euro rauf, griechische Zinsen runter. So tief wie seit 2014 nicht mehr.

Aber dann kamen die Details: Es sei eine „vorläufige Einigung“, heißt es aus der EU-Kommission. Konkret: Die EU-Kommission, der Euro-Rettungsfonds ESM, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) „haben eine vorläufige Einigung mit den griechischen Behörden über ein Paket zur Unterstützung der Erholung in Griechenland erzielt, das die Grundlage für den Abschluss des zweiten Überprüfungsprogramms des ESM-Hilfsprogramms sein wird“. Soll heißen: Die Experten der inzwischen vier verschiedenen Institutionen, die die Hilfszahlungen verwalten, haben sich mit der Regierung in Athen auf ein Paket an Reformen verständigt, das beiden Seiten genügt, um das Gesicht zu wahren.

Doch dann kam Wolfgang Schäuble. Knapp eine Stunde nach der Jubelmeldung aus Brüssel und Athen ließ der deutsche Finanzminister verlautbaren: Nicht so schnell. Die Überprüfung des aktuellen Hilfsprogramms sei noch nicht unter Dach und Fach. Klärungsbedarf bestehe in Bezug auf den sogenannten Primärüberschuss, erklärte das Ministerium am Dienstag. Griechenland habe zugesagt, mittelfristig einen Haushaltsüberschuss (ohne Zinskosten) von 3,5 Prozent zu erreichen, um die Tragfähigkeit seiner Schulden sicherzustellen.

Schäuble will keinen Schuldenschnitt

Gestritten wird offenbar um die Definition des Wortes „mittelfristig“. Das berichtet Reuters unter Berufung auf Insider. Einem Reuters vorliegenden Dokument zufolge geht der IWF davon aus, dass Griechenland 2018 einen Primärüberschuss von 2,2 Prozent und 2019 bis 2021 von je 3,5 Prozent erreichen kann. Danach sollte er aber auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung reduziert werden, so der IWF. Schäuble hatte zuvor durchblicken lassen, dass der Wert von 3,5 Prozent über einen längeren Zeitraum gehalten werden sollte. „Die Arbeiten gehen weiter“, erklärte das Ministerium. Ziel sei es, die Programmüberprüfung in der Euro-Gruppe am 22. Mai abzuschließen. Griechenland muss im Juli 7,5 Milliarden Euro an Krediten zurückzahlen und benötigt dafür voraussichtlich frisches Geld. Das Land sitzt auf einem Schuldenberg von über 300 Milliarden Euro und wird seit 2010 von den Ländern der Eurozone finanziell gestützt.

Der Grund für das strenge Auftreten Schäubles dürfte im Streit um eine Schuldenerleichterung für Griechenland liegen. Der griechische Finanzminister, Euklid Tsakalotos, hatte am Dienstagvormittag noch verkündet: „Es ist weißer Rauch aufgestiegen.“ Die Verhandlungen seien zu allen Themen abgeschlossen. Damit sei nun der Weg für Gespräche über Schuldenerleichterungen geebnet.

Aber genau das will Deutschland nicht hören. Der Umgang mit Griechenlands Schulden von über 300 Milliarden Euro sorgt regelmäßig für Streit zwischen Griechenland, den Euro-Geldgebern und dem IWF. Der Fonds will einen weiteren Schuldenschnitt und macht davon seine finanzielle Teilnahme am Hilfsprogramm abhängig. Dagegen hält vor allem Schäuble die bereits gewährten Schuldenerleichterungen für ausreichend.

Gleichzeitig bestehen Deutschland und die Niederlande aber auf einer Beteiligung des IWF am Programm. Eine Zwickmühle. Eine weitere Hürde steht der griechischen Regierung im heimischen Parlament bevor. Dort müssen die mit den Geldgebern vereinbarten Reformen auf dem Arbeitsmarkt, im Energiesektor sowie zu Pensionskürzungen und Steuererhöhungen nun in Gesetze gegossen werden. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2017)

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