Der Rechnungshof sollte Einschau in Gemeinde-Bedarfskonten haben und notfalls eingreifen können. SPÖ-Geschäftsführer Kräuter will die Zahl der derzeit insgesamt 84 Bezirkshauptmannschaften zumindest halbieren.
Wien. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter profiliert sich als Querdenker der Partei und lässt mit einem neuen Vorschlag aufhorchen: Er wünscht sich nicht, wie die ÖVP, ein individuelles Transferkonto (bei dem die Sozialleistungen einer Person aufgelistet wären), sondern ein „Bedarfskonto“ für Gemeinden, aus dem alle Finanzierungsströme – österreichweit seien das übrigens 210.000 – ersichtlich sind. Sein im „Presse“-Gespräch geäußerter Verdacht: Nicht immer werde das Geld in Gemeinden zielgerichtet eingesetzt, sondern „aus Lokalprestige“ oft auch in sinnlose „Wahnsinnsprojekte“ – etwa eine neue, riesige Sporthalle – gesteckt.
Der Rechnungshof sollte Einschau in solche Gemeinde-Bedarfskonten haben und notfalls eingreifen können. Dem SPÖ-Politiker geht es um eine „Veränderung der Kultur“. Derzeit pilgere der rote Bürgermeister zum roten Landesbeamten und der schwarze zum schwarzen, wenn er die Genehmigung für ein Großprojekt benötige.
Weniger behäbige Großregionen
Außerdem will Kräuter die Zahl der derzeit insgesamt 84 Bezirkshauptmannschaften zumindest halbieren – ein Vorschlag, der auch schon von „seinem“ Landeshauptmann, dem Steirer Franz Voves, kam. Der wünschte sich kürzlich unter dem Eindruck der leeren Kassen Großregionen. Kräuter kann dem einiges abgewinnen: Die Länder könnten einen Teil der Bezirkshauptmannschafts-Aufgaben übernehmen. Die Struktur würde damit weniger „behäbig“.
Nicht nötig findet Kräuter außerdem neun Landesrechnungshöfe. Eine Reduktion ergäbe sogar mehr Objektivität, weil ein Landeshauptmann nicht mehr so stark Druck auf „seinen“ Landesrechnungshofpräsidenten ausüben könnte. Im Justizbereich funktioniere das schließlich auch: Dort gebe es vier und nicht neun Oberlandesgerichte. Nicht zuletzt sei auf legistischer Ebene einiges zu tun, niemand brauche etwa neun Fischereigesetze.
Solche Vorschläge machte übrigens schon der Österreich-Konvent 2005. Warum eigentlich sollte diesmal eine Verwaltungsreform gelingen? „Weil es jetzt eine außergewöhnliche Situation gibt“, sagt Kräuter. Die Bewältigung der Wirtschaftskrise werde ein tiefes Budgetloch reißen. Die Reform-Vorarbeiten seien vom Konvent schon gemacht, nun brauche es nur noch den „Mut“ zur Umsetzung.
Aber Kräuter will nicht nur sparen: Für die Bürgermeister wünscht er sich ein angemesseneres und bundesweit einheitlich geregeltes Gehalt. Die Aufgaben der „Filialleiter der Republik“, wie sie Kräuter respektvoll nennt, seien schließlich anspruchsvoller geworden. Und es werde immer schwieriger, dafür Interessenten zu finden. Jedes Bundesland zahlt derzeit andere Löhne, diese liegen zwischen 1632 Euro brutto in einer kleinen burgenländischen Gemeinde und rund 8000 Euro für einen hauptberuflichen oberösterreichischen Bürgermeister in einer Gemeinde über 20.000 Einwohner.
Keine Gegenliebe bei Kräuter findet hingegen die in der „Presse“ (Mittwochsausgabe) geäußerte Idee von ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka, wonach es finanzielle Sanktionen für Länder geben soll, die sich nicht an Vereinbarungen mit dem Bund halten (etwa, indem sie die Pensionen ihrer Landesbeamten nicht anpassen). Mit dem Strafmandat drohen, helfe nicht, meint Kräuter.
Man darf gespannt sein, ob Kräuter diesmal mit seinen Ideen durchkommt. Sein Vorschlag einer Arbeitsgenehmigung für Asylwerber wurde im Sommer (auch SPÖ-intern) schnell abgeschmettert.
Wer nennt Gusenbauer?
Und was würde er zu einem europäischen Außenminister namens Alfred Gusenbauer sagen? Der Bundesgeschäftsführer winkt ab. Das werde in Europa von niemandem ventiliert – außer von der ÖVP, die noch immer darüber frustriert sei, Wilhelm Molterer nicht als EU-Kommissar durchgesetzt zu haben. Die ÖVP beschädige mit solchen Diskussionen aber ihren eigenen Mann – Johannes Hahn –, noch bevor der sein Amt antrete.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2009)