"Was soll der Quatsch?": Schwarzer Widerstand gegen ÖVP-Broschüre

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Sieben ÖVP-Landesparteien weigern sich, das "Manifest" der Bundespartei gegen Kanzler Kern zu verteilen. Die Niederösterreichische Volkspartei gibt sich schweigsam - die Wiener halten die Broschüre für "absolut richtig".

Den Anfang machte die ÖVP Vorarlberg, mittlerweile sind die schwarzen Landesparteien in Tirol, Salzburg, Oberösterreich, Kärnten, Steiermark und im Burgenland ihrem Beispiel gefolgt. Gemeint ist, dass sie sich weigern das gegen eine rot-grüne Koalition gerichtete "Manifest" der Bundespartei zu verteilen. "Verunglimpfen ist nicht unser Stil", betonte Vorarlbergs Landesgeschäftsführer Dietmar Wetz am Mittwoch. Seiner Meinung nach sollte man die eigenen Leistungen verkaufen und nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer gab sich ebenfalls kritisch. "Würden alle, die in Regierungen tätig sind, so viel Energie und Hirnschmalz auf die Regierungsarbeit verwenden, wie sie offensichtlich in taktische Spielchen investieren, wären wir wahrscheinlich in manchen Fragen schon weiter", sagte Stelzer gegenüber dem ORF Oberösterreich.

"Der Herr Bundeskanzler Kern und die SPÖ sind ja schon seit Monaten spürbar in einer Art Wahlkampfaktivität unterwegs. Jetzt gibt es von unserer Bundes-ÖVP eine Broschüre für Funktionäre, über deren Ausmaße man streiten kann, Geschmäcker sind verschieden. In einer ÖVP, wo ich Verantwortung trage, würden wir das in diesem Stil nicht machen", meinte Stelzer weiter. Man werde die Broschüre nicht verteilen. Tirols ÖVP-Landesgeschäftsführer Martin Malaun äußerte sich ebenfalls ungehalten: "Uns liegen derzeit keine Broschüren zum Verteilen vor - und auch wenn wir welche hätten, würden wir sie nicht verteilen. Denn in Tirol pflegen wir einen anderen, sachlicheren Stil in der Auseinandersetzung mit politischen Mitbewerbern."

"Dumm-provokante Unternehmer-Videos, Pizza-Boten"

Die burgenländische und die Salzburger Volkspartei weigern sich ebenfalls, die Broschüre, in der Kern mit Hammer und Sichel abgebildet ist, aktiv unter die Bürger zu bringen. Der Kärntner ÖVP-Landesgeschäftsführer Josef Anichhofer meinte, er habe von der Broschüre erst aus den Medien erfahren und kenne sie nicht im Detail. "Die Abgrenzung zu Rot und Grün ist legitim und berechtigt, wir werden mit dieser Broschüre allerdings nicht hausieren gehen", so Anichhofer. Auch die ÖVP Steiermark verzichtet auf die Verteilung der Anti-Kern-Broschüre: Laut Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg solle man nur "kämpfen, wenn Wahlkampf ist".

Klare Worte fand auch der Vorarlberger Arbeiterkammer-Präsident Hubert Hämmerle (ÖVP) für das "Manifest" der Bundespartei. "Was soll der Quatsch?", fragte Hämmerle in Richtung Wien und schloss in seinen Unmut die "populistischen" Maßnahmen aller Parteien mit ein. "Waxing-Ladies, dumm-provokante Unternehmer-Videos, Pizza-Boten oder Hammer-und-Sichel-Manifeste", es sei mittlerweile nur noch peinlich, kritisierte der AK Vorarlberg-Chef.

ÖVP Wien: "Warnungen der Bundespartei gerechtfertigt"

Verständnis für den Frontalangriff auf Rot-Grün gab es hingegen im von SPÖ und Grünen regierten Wien. Für den Wiener ÖVP-Landesparteichef Gernot Blümel sind "die Warnungen der Bundespartei absolut gerechtfertigt". "Wir sind täglich mit den Trümmern rot-grüner Politik konfrontiert - von Unternehmervertreibung und Arbeitsplatzvernichtung bis zur Mindestsicherungsproblematik und Arbeitslosenrekord", so Blümel.

In Niederösterreich wollte man die Publikation der Parteizentrale am Mittwoch nicht kommentieren. "Wir konzentrieren uns auf Niederösterreich. Wir arbeiten für Niederösterreich, dafür sind wir gewählt", sagte ein Sprecher der Landespartei. Keine Stellungnahme gab es dazu, ob die Broschüre verteilt wird.

>>> Bericht im ORF Oberösterreich

(APA/Red.)

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