Kritiker meinen, dass womöglich sogenannte Konsumschuldner durch die Reform des Privatkonkurses allzu leicht entschuldet werden könnten. Das stellt der oberste Schuldnerberater Mitterlehner in Abrede.
Die Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldnerberatungen, die ASB Schuldnerberatungen GmbH, hat am Mittwoch den Schuldenreport 2017 präsentiert. Geschäftsführer Clemens Mitterlehner nutzte die Gelegenheit, um vor Journalisten in Wien die geplante Reform des Privatkonkurses einmal mehr zu begrüßen. Denn damit könnten mehr Menschen entschuldet werden, so der oberste Schuldnerberater.
Der Schuldenreport 2017 zeigt, dass der Anteil der arbeitslosen Klientinnen der staatlich anerkannten Schuldnerberater bei knapp 40 Prozent liegt. Hauptgrund für eine Überschuldung ist mit Abstand eine Erwerbslosigkeit mit 37 Prozent. Dahinter folgen gescheiterte Selbstständige mit 21 Prozent. Die Privatkonkurse sind um 10 Prozent auf 7.850 gesunken. Das ist für die Schuldnerberater aber kein gutes Zeichen. Viel mehr sei es ein Zeichen dafür, dass sich zu Viele einen Privatkonkurs nach den noch geltenden Regeln nicht leisten könnten.
Es gehe aber darum, dass mehr Menschen eine Entschuldung schaffen. Das sei nicht nur für die persönlichen Schicksale sondern für die gesamte Gesellschaft und auch die Gläubiger wichtig, so Mitterlehner. Er erwartet mehr Anträge ab der Gültigkeit der Reform, wollte sich aber nicht auf eine Zahl festlegen. Dass die Privatinsolvenzen im ersten Quartal weiter zurückgegangen sind, hänge aber wohl mit einer derzeitigen Unsicherheit im Zusammenhang mit den kommenden neuen Regeln, so Mitterlehner.
Hohe Mindestqoute
Aus Sicht der Schuldnerberater verhindern die derzeit noch gültigen Privatkonkurs-Regeln eine höhere Zahl von Entschuldungen. Sowohl die gescheiterten Unternehmer als auch die Arbeitslosen hätten es derzeit allzu schwierig, "die im Privatkonkurs erforderliche Mindestquote von 10 Prozent zu erreichen. Ist das Einkommen sehr niedrig oder sind die Schulden sehr hoch, bleibt der Neustart oft verwehrt", so Mitterlehner. "An der Mindestquote scheitern derzeit Zehntausende."
Das werde sich bei Umsetzung der Reform, die sich derzeit in parlamentarischer Begutachtung befindet und am 1. Juli Gültigkeit erlangen soll, ändern. Dann fällt die Mindestquote - was Gläubigerschützer massiv kritisieren und auch bei Banken und Teilen der ÖVP auf wenig Gegenliebe stößt.
Als Unterstützung holten die ASB auch einen Banker, der Verständnis für die Reform äußerte, wenn beim Privatkonkursthema auch zwei Herzen in dessen Brust schlagen: "Einerseits haben wir keine große Freude, wenn Gläubigerpositionen eingeschränkt werden - die Mindestquote fällt und die Verfahrensdauern werden verkürzt. Andererseits ist es wichtig für das Land, dass eine 'Kultur des Scheiterns' nicht nur in Sonntagsreden Thema ist", sagte der Privatkundenvorstand der Erste Group, Peter Bosek. Ob er ausschließen kann, dass Banken, wie kolportiert wegen der Reform ihre Kreditkosten erhöhen könnten? "Ausschließen kann ich das nicht. Betriebswirtschaftlich gesehen wäre es auch völlig vernünftig zu reagieren und die Konditionen zu erhöhen. Nur in Hinblick auf Wettbewerbssituation erwarte ich keine Erhöhung der Konditionen."
Kritiker meinen, dass womöglich sogenannte Konsumschuldner durch die Reform, welche die Mindestquote streicht und die Verfahrensdauer verkürzt, allzu leicht entschuldet werden könnten. Das stellt der Schuldnerberater Mitterlehner aber deutlich in Abrede. "Es wird keinen Gratiskonkurs geben. Es werden auch die Banken nicht arm werden durch die neuen Regeln."
Redlichkeit gefragt
Einerseits werde das Vermögen von Schuldnern weiter verwertet und Menschen im Privatkonkurs würden weiter am Existenzminimum leben. Vor allem argumentiert der ASB-Geschäftsführer dabei auch mit einem Passus bei der Neuregelung, wonach die Redlichkeit von Schuldnern künftig schärfer kontrolliert und schon als neues "Einleitungshindernis" eingeführt werde. Demnach werde die Redlichkeit eine Voraussetzung für ein Abschöpfungsverfahren. Auch eine angemessene Beschäftigung sei Thema, oder ob sich der Schuldner aktiv um eine solche bemüht. Das gebe es bisher erst bei der Restschuldbefreiung.
Die Schuldnerberater hätten, so Mitterlehner, überhaupt gerne ein Aus der Pfandrechte (etwa für kreditgebende Banken) im neuen Privatkonkursrecht am liebsten gesehen. Banker Bosek würde so weit freilich nicht gehen - und auch die Regierungskoalition aus SPÖ und ÖVP ging in ihrem Entwurf nicht soweit.
(APA)