Zinsen: Billiges Geld bringt (fast) allen was

„Kaufen Sie noch rasch eine Wohnung“, sagt Notenbank-Chef Ewald Nowotny zu den Studenten.
„Kaufen Sie noch rasch eine Wohnung“, sagt Notenbank-Chef Ewald Nowotny zu den Studenten.(c) Stanislav Jenis
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Die Geldflut aus der Notenbank wirkt: Banken vergeben mehr Kredite, Private kaufen Immobilien, die Wirtschaft wächst. Dennoch birgt allzu billiges Geld auch Gefahren.

Wien. Die Zinsen liegen am Boden und die Europäische Zentralbank (EZB) fährt ein Liquiditätsprogramm, das das Geld weiter verbilligt. Schon 1,5 Billionen Euro hat man durch Käufe von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren in die Märkte gepumpt. Bis Jahresende sollen es mehr als zwei Billionen sein. Wann wird sich das alles ändern? Wann wird die Rückkehr zur Normalität angedacht? Nationalbank-Chef Ewald Nowotny hüllt sich in Schweigen.

Er erklärt aber, warum die EZB das Geld billig hält: „Weil man will, dass die Banken das für Kredite verwenden“, sagte Nowotny am Dienstag bei der Veranstaltung „Wirtschaft. Wissenschaft. Unplugged.“, wo er gemeinsam mit WU-Vizerektor Stefan Pichler und „Presse“-Chef Rainer Nowak auf der Bühne gesessen ist. Vor mehr als 500 Studenten und „Presse“-Lesern.

Die Logik ist simpel: Das Geld kostet die Banken praktisch nichts, wenn sie es von der EZB ausleihen. Sollten sie das ausgeliehene Geld aber bunkern wollen, wird es teuer. Denn dafür verlangt die EZB einen negativen Zinssatz (minus 0,40 Prozent). Gleichzeitig kauft die Notenbank den Geschäftsbanken auf dem so genannten Sekundärmarkt einen Haufen Staatsanleihen ab, wo auch gerne Geld geparkt wird. Das ist das erwähnte Liquiditätsprogramm. Am Ende stehen die Banken mit viel Geld da – und müssen Projekte, Unternehmen oder Einzelpersonen finden, in die sie dieses Geld per Kredit investieren. Das soll die Wirtschaft und die Inflation anregen. Und es funktioniert auch. Konjunkturdaten, Inflationsrate und Wirtschaftsstimmung in der Eurozone klettern nach oben.

„Haushalte spekulieren gerne“

Nowotnys Message: „Unternehmen und Haushalte in Österreich profitieren von den niedrigen Zinsen.“ Der Staat ebenso, weil er sich viele Milliarden an Zinszahlungen erspart. Das kommt am Ende auch den Steuerzahlern zugute. Und auch die jungen Menschen würden von den niedrigen Zinsen profitieren. Im Gegensatz zu den Älteren, die auf Sparbüchern sitzen. „Beeilen Sie sich. Kaufen Sie noch rasch eine Wohnung, solange Sie das noch günstig finanzieren können“, sagte Nowotny zu den Studenten.

Dabei sei freilich darauf zu achten, dass man einen fix verzinsten Kredit nimmt. Das hätte die Notenbank dem Staat empfohlen, der sich daraufhin rasch an das Einsammeln frischen Geldes gemacht habe. Auch die Privaten hören die Botschaft. Sie verlangen immer öfter fixe Zinsen. Aber mit nur 35 Prozent ist der Anteil derer, die auf fixe statt variable Zinsen setzen, noch immer relativ gering. In Deutschland ist es umgekehrt. Hier lauert eine Gefahr.

„Die Haushalte spekulieren offenbar gerne“, sagt Ökonom Stefan Pichler: „Früher mit Fremdwährungen – und heute eben mit Zinsen.“ Es sollte eine Warnung sein: Irgendwann werden die Zinsen steigen. Und auch die Banken können es nicht gebrauchen, dass dann plötzlich alle Kreditnehmer auf einmal unter Wasser geraten. Erst recht, da jene Institute, die stark von Spareinlagen abhängig sind, jetzt riskantere Kredite vergeben müssen. Auch das ist eine Folge der nicht vorhandenen Zinsen.

Es besteht nämlich eine Schieflage im Geschäftsmodell der Banken, so Pichler: Die Kreditzinsen sind extrem niedrig. Für bei der Notenbank gebunkertes Geld müssen die Banken sogar Negativzinsen zahlen. Aber gleichzeitig sei es nicht möglich, diese an die Sparer weiter zu geben. Denn erstens müssten Spareinlagen in Österreich per Gesetz positiv verzinst werden. Und zweitens würden die Menschen ihr Geld einfach als Bargeld abheben und irgendwo bunkern. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2017)

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