Macrons Marsch gegen Le Pen

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Überzeugender Wahlsieg mit rund zwei Drittel für Emmanuel Macron: Nun muss der neue Präsident eine Mehrheit im Parlament suchen, eventuell in einer Union mit Sozialisten und Konservativen.

Paris. Bei den Anhängern Emmanuel Macrons, bei seinen Wählern, die zum Teil mit Zähneknirschen für ihn stimmten, und in vielen EU-Hauptstädten war die Erleichterung groß, als sich am Sonntagabend das durchschlagende Ergebnis bei den Präsidentenwahlen in Frankreich abzeichnete. Rund zwei Drittel der Wähler votierten für den 39-jährigen, sozialliberalen Ex-Minister von François Hollande. Mehr als zwölf Prozent drückten indessen ihren Protest gegen beide Kandidaten aus, indem sie „weiß“ wählten. Die Wahlbeteiligung war mit 74,3 Prozent so niedrig wie seit 1969 nicht mehr. 43 Prozent der Wähler gaben in einer Ipsos-Umfrage an, den Ex-Wirtschaftsminister gewählt zu haben, um seine Rivalin Marine Le Pen zu verhindern.

In einer ersten Reaktion sagte der Wahlsieger, der vor der Pyramide des Louvre vor mehr als 10.000 Anhängern eine Party zelebrierte: „Das neue Kapitel, das heute aufgeschlagen wird, soll nach meinem Willen für Frankreich eines der Hoffnung und des wiedergefundenen Selbstvertrauens sein. Lasst uns Frankreich lieben.“ Er sei sich der Wut, der Zweifel und der Angst bewusst, die die Franzosen zum Ausdruck gebracht hätten. Er werde seine ganze Kraft dazu verwenden, sich des Vertrauens würdig zu erweisen. Prompt stieg indessen auch der Euro.

Unerbittlicher Machtkampf im Front National

Hollande stellte sich sogleich mit Glückwünschen bei seinem Ex-Berater ein. Die unterlegene Marine Le Pen gratulierte Macron und wünschte im Interesse des Landes Erfolg. Frankreich habe für die Kontinuität gestimmt, sagte die Chefin des rechtspopulistischen Front National. Das Land sei jedoch gespalten zwischen „Patrioten“ und „Globalisierern“. Sie hat nun eine Restrukturierung der Partei im Sinn – und womöglich auch eine Namensänderung.

Der Front National jubelte zwar offiziell über das „historische Ergebnis“ – immerhin erzielte Marine Le Pen fast doppelt so viele Stimmen wie ihr Vater Jean-Marie bei der Stichwahl 2002 gegen Jacques Chirac. Doch hinter dem Rücken der (bisher noch) unbestrittenen Parteichefin ist längst ein unerbittlicher Machtkampf zwischen zwei Cliquen entbrannt. Der traditionalistische Flügel um Marion Maréchal-Le Pen, die Nichte der Parteivorsitzenden, machte schon in den Tagen vor der Entscheidung den Vizepräsidenten Florian Philippot mit seiner eher sozial orientierten Linie für die sich abzeichnende Niederlage verantwortlich.

Große Aufgaben

Auf den neuen Präsidenten warten große Aufgaben – zunächst die Bildung einer Mehrheit im Parlament, eventuell unter Einbeziehung von Sozialisten und Konservativen in einer breiten Union. Eine völlige Umgestaltung drängt sich auf. Macron will dafür die Kräfte von links und rechts hinter einem Programm des „Fortschritts“ versammeln.
Für Macrons Bewegung „En marche!“, und für die anderen ehemaligen Volksparteien war das Resultat auch für die kommenden Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni von Belang.

Macrons Wahlerfolg schafft eine neue Dynamik. Die Sozialisten und Republikaner sind in der Frage einer Zusammenarbeit oder einer eventuellen Regierungsbeteiligung indessen gespalten. Der sozialistische Ex-Premier Manuel Valls und der bei den bürgerlichen Vorwahlen unterlegene Bruno Le Maire und andere führende Republikaner plädieren für eine Regierungsbeteiligung. Le Maire sagte, er betrachte dies nicht als Verrat an seiner „politischen Familie“. Seine Differenzen zu Macron seien „Nuancen, aber keine Unvereinbarkeiten“. Macron hatte sich bisher geweigert, den Namen des künftigen Premiers zu nennen – womöglich eine Frau. Die Amtsübergabe zwischen Hollande und Macron soll am Sonntag, 14. Mai, stattfinden.

("Die Presse"-Printausgabe, 8.5.2017)

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