Eine Frau in Moll gewinnt den Song Contest - statistisch gesehen

Die Bühne im International Exhibition Center in Kiew.
Die Bühne im International Exhibition Center in Kiew.APA/AFP/SERGEI SUPINSKY
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Morgen startet das große Singen in Kiew, Nathan Trent ist aber erst am Donnerstag an der Reihe. Rein statistisch bräuchte er mehr Pathos und weniger Tempo, um zu gewinnen.

Durchgestylter Schwedenpop, balkanische Bond-Hymnen und portugiesischer Fado: Das 1. Halbfinale des Eurovision Song Contest 2017, das am morgigen Dienstag in der ukrainischen Hauptstadt Kiew über die Bühne geht, bietet den gewohnt bunten Mix.

Ohne Österreich vorerst: Der heimische Kandidat Nathan Trent geht erst im 2. Semifinale am Donnerstag an der Reihe. Die große Halbfinalshow findet im International Exhibition Center von Kiew statt, das rund 11.000 Menschen fasst.

42 Nationen treten beim 62. Eurovision SongContest in Kiew gegeneinander an. Welchen Song Jury und Publikum favorisieren, wird natürlich nicht zuletzt vom konkreten Charisma des Künstlers und der Qualität des Liedes abhängen. Dennoch gibt es einige statistische Faktoren, die sich in den vergangenen 61 Ausgaben als Erfolgsgaranten herauskristallisiert haben.

Buchmacher reihen Italiener auf Platz 1

Auch wenn derzeit Italiens Vertreter Francesco Gabbani von den Buchmachern auf Platz 1 gereiht wird, haben statistisch betrachtet Frauen die größte Chance. Mit 36 machen die weiblichen Teilnehmer die Mehrheit der insgesamt 64 Sieger aus (1969 gab es gleich vier davon). Dana International und Conchita Wurst wurden hier gar nicht mitgezählt, aber auch so ist die Bilanz eindeutig: Nur 17 Mal konnte eine Band den Sieg holen, nur neun Mal hatte ein Mann am Ende das Siegerlächeln im Gesicht.

Was die Tonart des Songs betrifft, so gilt es im Gesamtvergleich, Dur gegenüber Moll zu bevorzugen, denn auch hier sprechen die Zahlen mit 40 zu 24 eine deutliche Sprache. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren ein Paradigmenwechsel vollzogen, denn seit der Jahrtausendwende ist Moll dominant geworden: Von den 15 Siegertiteln seit 2001 haben zwölf diese oft als melancholisch empfundene Tonart aufgewiesen.

Mittleres Tempo ist erfolgversprechend

Die erfolgsversprechende Geschwindigkeit, die bei Musik in "beats per minute" (bpm) gemessen wird, liegt hingegen im Midtempo-Bereich. Die 64 Siegertitel hatten bisher eine Bandbreite von eher getragenen 27 (1995, Secret Garden aus Norwegen) bis hektischen 134 (1998, Dana International aus Israel), wobei Vorjahressiegerin Jamala mit ihrem Song "1944" und 120 bmp eher im oberen Bereich anzusiedeln ist. Mit Blick auf die gesamte ESC-Geschichte hat sich allerdings die Wahl einer Schlagzahl im Bereich zwischen 61 und 70 bpm als siegbringend herausgestellt, die in 20 Fällen zum Erfolg führte. Schon die zweiterfolgreichste Tempogruppe, 71 bis 80 bpm, kommt nur noch auf zehn Sieger.

Pathos liegt voll im Trend

Bliebe also noch die Frage der Texte, die in einer Untersuchung der Musikwissenschafterin Mariya Aleynikova betrachtet wurden. Sie teilt die Lyrics der Siegersongs in die vier Kategorien "hoffnungsvoll", "romantisch", "pathetisch" oder "frech". Auch hier gab es mit den Jahren Veränderungen, denn während in den Anfangsjahren eher romantische Texte auf der Siegerstraße landeten, gab es in den vergangenen zwölf Jahren einen eindeutigen Trend hin zum Pathos, der acht Mal zum Erfolg führte.

Nimmt man alle diese Aspekte zusammen, hätte demnach heuer die größten Siegeschancen ein Midtempo-Song mit 61 bis 70 bpm, der eine fröhliche bis neutrale Melodie aufweist und bei dem eine Sängerin einen romantischen oder pathetischen Text präsentiert. Österreichs Kandidat Nathan Trent ist geschlechtlich damit scheinbar also nicht auf der Siegerstraße - und mit seinem "Running on Air", das auf 90 bmp kommt, auch fast etwas flott unterwegs. Außerdem wäre seine fröhliche Hymne wohl eher in den Bereich "hoffnungsvoll" anstatt pathetisch einzuordnen. Aber wer glaubt schon einer Statistik.

(APA/Red.)

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