Trendfolgesysteme. Sie bewähren sich bei steigenden und fallenden Märkten – Trendwechsel mögen sie weniger.
Das Jahr 2008 war für die meisten Assetklassen katastrophal – aber nicht für Managed Futures. Sie feierten einen regelrechten Höhenflug, Renditen im hohen zweistelligen Bereich waren keine Seltenheit. Der Grund: Sie können sowohl bei fallenden als auch bei steigenden Märkten Gewinne schreiben – vorausgesetzt, die computergestützten Handelssysteme erkennen klare Trends.s
Das Prinzip ist einfach: Identifiziert das System einen Trend, so hängt es sich an. Es kauft bei steigenden Kursen oder geht bei fallenden Kursen short. Bricht der Trend, dann steigt es schnell wieder aus. Dass diese Strategie nicht immer aufgeht, wird dabei in Kauf genommen. „Die Gewinn-Trades müssen mehr gewinnen, als die Verlierer verlieren“, so Wolfgang Schimmel, Sprecher des Managed-Futures-Spezialisten FTC.
Moderne Trendfolgesysteme generieren nicht nur Ein- und Ausstiegssignale, sondern steuern auch, wann, wo, wie viel und mit welchem Risiko investiert wird. Zum Investmentuniversum der FTC-Fonds gehören Aktienindizes, Anleihen, Zinsen, Währungen, Energie, Metalle und Agrarprodukte, die an europäischen, amerikanischen und asiatischen Futures-Börsen gehandelt werden. „Die breite Diversifizierung stellt bereits eine Art der Risikominimierung dar“, so Schimmel. Auch der von Volksbank Investments angebotene „Alpha Strategien MH“ setzt auf ein breites Spektrum: Er ist laut Fondsmanager Wolfgang Hofmeister in rund 70 Futures-Märkten investiert.
Laut Andreas Wimmer, Vorstand der Fondsgesellschaft C-Quadrat, die ein von Arts Asset Management entwickeltes Trendfolgesystem einsetzt, stellt selbst eine längere Seitwärtsbewegung der Märkte kein Problem für das System dar. „Täglich werden über 10.000 Investmentfonds aus 56 Ländern und 14 Branchen gemonitort – irgendwo zeichnet sich immer ein Trend ab.“ So habe etwa der C-Quadrat Arts Total Return Global-AMI Fonds auch in Phasen mit Seitwärtsbewegungen gut performt und in den letzten fünf Jahren eine durchschnittliche Jahresrendite von 10,6 Prozent erzielt. Wimmer: „Egal, welcher Stress aufkommt – die vollkommen automatisierten Systeme können sich bewähren.“
Welche Rolle spielt der Mensch?
Trendfolger gelten innerhalb des quantitativen Portfoliomanagements als Extremfall – in der Regel macht hier das System (fast) alles. Bei anderen Ansätzen spielt der Mensch eine größere Rolle. „Viele aktive Fondsmanager setzen quantitative Systeme ein, um fundamentale Daten zu managen“, weiß Albert Reiter, Geschäftsführer des Fondsanalysehauses e-fundresearch. So etwa beim Institut für Quantitatives Asset Management (IQAM): Hier trifft der Portfoliomanager auf Basis der Daten und Modelle die Letztentscheidung, wie Aufsichtsratsvorsitzender und WU-Professor Josef Zechner erklärt. Da Ziel ist eine Verknüpfung internationaler Forschungsergebnisse mit Managementtechniken, wobei es darum geht, sich im Rahmen des Investmentprozesses nur Risikofaktoren auszusetzen, für die die wissenschaftliche Literatur auch nachhaltige Risikoprämien dokumentiert.
Die im März 2007 gegründete Kapitalanlagegesellschaft verwaltet derzeit 30 Fonds mit einem Gesamtvolumen von knapp zwei Milliarden Euro. Seit November 2007 ist die Carl Spängler KAG zu 50 Prozent am IQAM beteiligt. Man habe damit die Kompetenz für institutionelle Kunden weiter ausbauen wollen, erklärt Geschäftsführer Markus Ploner – denn diese würden auf Risikomanagement immer mehr Wert legen.
Für Zechner besteht der wichtigste Beitrag quantitativer Systeme darin, dass sie bestimmte Fehler – vor allem die klassischen menschlichen – ausschließen. Allerdings bestehen auch Risken: „Nur weil ein Modell in der Vergangenheit funktioniert hat, muss das nicht auch in Zukunft so sein.“ Da es immer wieder zu Strukturbrüchen kommt – etwa durch veränderte Marktbedingungen – müssen die Modelle und die Qualität der Prognosen laufend evaluiert werden.
Heuer ist laut Schimmel das schwierigste Jahr für die Managed-Futures-Industrie seit 2004. Denn seit Anfang März kam es nicht nur am Aktienmarkt zu Trendbrüchen, sondern auch bei Rohstoffen und Währungen.
Problem: Schnelle Trendwechsel
Dass unterschiedliche Märkte in letzter Zeit öfter gleichzeitig drehen, führt der Experte unter anderem darauf zurück, dass die Futures-Börsen nicht mehr relativ isolierte Märkte für Spezialisten sind, sondern globalisierte, elektronische Plattformen, auf die über strukturierte Finanzprodukte auch ein wachsendes Volumen an Publikumskapital drängt. Dadurch könne es etwa bei Öl-Futures heute zu ähnlichen Übertreibungen und schnellen Trendwechseln kommen, wie man es von Aktien kennt.
Auch Hofmeister spricht von einem schwierigen Jahr. Der von ihm gemanagte Fonds erzielte im Vorjahr plus 63,95 Prozent, in den ersten zehn Monaten 2009 dagegen ein Minus von 11,84 Prozent. Insgesamt sei aber nach der starken Performance im Vorjahr die Akzeptanz für die Assetklasse gestiegen, so Hofmeister: „Immer mehr Anleger wissen, dass Managed Futures speziell in Krisenzeiten gut für ein Portfolio sind.“
("Financial Presse", 13.11.2009)