Portfoliocheck: Ein kritischer Blick aufs eigene Geld

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Passen Aktien- und Anleihenanteil, oder riskiert man zu viel? Experten raten, das zu hinterfragen.

An den Börsen geht es tendenziell weiter aufwärts – und das, obwohl aus der Realwirtschaft nicht nur positive Signale kommen. Der für den Herbst erwartete größere Rückschlag blieb bislang aus – auf jede Korrektur folgte rasch eine Gegenbewegung.
Warum das so ist? „Weil die Leute von der Krise genug haben“, meint Peter Pavlicek, Geschäftsführer der Bawag P.S.K. Invest. „Jeder möchte an den Aufschwung glauben.“ Privatanleger seien jetzt die Vorreiter an den Börsen, auch Kapitalanlagegesellschaften kaufen wieder Aktien. Die großen institutionellen Investoren halten sich dagegen noch zurück, haben diese Assetklasse weitgehend aus ihrem Portfolio verbannt. „Viele werden dann hinterherlaufen“, meint Pavlicek.
Privatanlegern rät er, jetzt einen kritischen Blick auf ihre Veranlagungen zu werfen. Wer Aktien oder Aktienfonds hat, sollte weiter dabei bleiben – „aber genau schauen, ob es Klumpenrisken gibt“. Also etwa, ob zu viel Geld in einen Einzeltitel gesteckt wurde. Veranlagt man in mehreren Fonds, sei darauf zu achten, dass diese sich nicht überschneiden.

Risiko wird nicht immer belohnt


Welchen Aktienanteil ein Portfolio verträgt, hängt – unabhängig von der Marktlage – vom Veranlagungshorizont ab. Bei zehn Jahren oder mehr könne man sich „bei Aktien starkmachen“, so Pavlicek, wobei Neuveranlagungen in Tranchen erfolgen sollten.
Eine Garantie, dass man mit Aktien langfristig immer am besten fährt, gibt es allerdings nicht. Zeitreihen zeigen, dass Risiko in der Vergangenheit nicht immer belohnt wurde. Vergleicht man die Erträge von Sparbuch, Anleihen und Aktien etwa im Zeitraum zwischen 1993 und 2006, stimmen die Relationen noch – mit dem Sparbuch hätte man am wenigsten und mit Aktien am meisten Gewinn gemacht. Von 1993 bis heute hätten jedoch Anleihen am meisten gebracht, und selbst mit dem Sparbuch wäre man etwas besser gefahren als mit Aktien. Schuld daran seien die beiden Börsenkrisen des vergangenen Jahrzehnts, so Pavlicek. Sein Resümee: „Aktives Management ist das Gebot der Stunde, nur damit ist ein Mehrertrag möglich.“ Das gilt übrigens auch für den Anleihenanteil des Portfolios. Zwar sei Inflation derzeit noch kein Thema, man müsse deshalb auch noch nicht generell von längeren in kürzere Laufzeiten umschichten. „Aber achten sollte man schon jetzt darauf.“
Horst Simbürger, Leiter Aktienfondsmanagement bei Volksbank Invest, plädiert dafür, innerhalb des „Veranlagungsteils“ des Portfolios – also jenes Anteils, der nicht als Liquiditätsreserve dient – Aktien gegenüber Anleihen leicht überzugewichten. Einerseits, weil „auf der Anleihenseite nicht viel zu erwarten ist“, andererseits, weil die Aktienmärkte trotz der starken Kursanstiege der letzten Monate von ihren Höchstständen noch weit entfernt seien. Dabei sei es jedoch ratsam, vor allem auf weniger zyklische Bereiche zu setzen, etwa Pharma oder Nahrungsmittel. „Denn bei zyklischen Aktien ist zum Teil schon eine starke Erholung eingepreist, da gibt es im Moment nicht viel Spielraum.“
Beim festverzinslichen Anteil sei es eine Überlegung wert, ihn zu splitten – halb Renten, halb Cash als schnell nutzbare Reserve. Und auch Alternatives habe im Portfolio Platz, etwa Immobilien in Form von konservativen Fonds.

Nicht dauernd hinschauen?


Und wie oft soll man nun wirklich sein Portfolio kontrollieren? Bei langfristigen Veranlagungen könne es manchmal besser sein, nicht dauernd hinzuschauen, meint Susanne Höllinger, Leiterin Private Banking bei der Erste Bank – das habe schon so manchen vor Panikverkäufen bewahrt. Dessen ungeachtet sei es unverzichtbar, regelmäßig – am besten mit dem Berater – „Position für Position durchzugehen und zu hinterfragen, ob das noch dem entspricht, was man will“. Legt man etwa Wert auf regelmäßige Ausschüttungen, wird man mit thesaurierenden Fonds nicht  glücklich werden. Auch das Risiko muss passen – und bei Umbrüchen im Leben der neuen Situation angepasst werden. So wird es üblicherweise eher zurückgefahren, wenn der Pensionsantritt näherrückt.
Was die aktuelle Marktsituation betrifft, geht Höllinger von einem stabilen Szenario aus. Im Anleihenbereich empfiehlt sie dementsprechend, Staatsanleihen neutral zu halten und Unternehmensanleihen überzugewichten. Und: „Wer kein großes Vermögen hat, sollte auf einen Fonds zurückgreifen.“ Bei Aktien schlägt sie folgende Gewichtung vor: „USA neutral, Japan unter-, Europa über-, Österreich und Emerging Europe stark übergewichten.“ Wobei es aber durchaus seine Berechtigung habe, erst abzuwarten, ob die nächste Berichtssaison gut läuft und die Unternehmensergebnisse den  Erwartungen entsprechen. „Zwar sind dann keine großen Spekulationsgewinne mehr möglich, aber Investieren bringt eben keine 30 Prozent Mehrertrag im Vergleich zu sicheren Anlageformen, sondern vielleicht ein Plus von zwei oder drei Prozent.“ Alles andere sei Spekulation – und die sei zwar ebenfalls legitim, „aber nur mit Geld, das man bestimmt nicht braucht“. Womit sich dieses Thema für die meisten Durchschnittsanleger wohl erübrigt.

("Financial Presse", 13.11.2009)

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