Der Fall um den rechtsextremen und als Flüchtling getarnten Soldaten Franco A. weitet sich aus. Ein weiterer Soldat wurde nun wegen Terrorverdachts festgenommen.
Berlin. Es war ein perfider Plan. Da ist sich die Bundesanwaltschaft inzwischen sicher. Er sah mutmaßlich ein Attentat vor, das die Ermittler auf die Spur eines syrischen Flüchtlings gebracht hätte. Aber diesen Syrer hätten sie nirgends gefunden. Weil es ihn ja gar nicht gegeben hätte. Der seit 2016 als falscher Flüchtling registrierte Oberleutnant Franco A. (28) sollte diesen Plan ausführen. Aber A. war nicht allein. In die Vorbereitung soll auch ein nun in U-Haft sitzender 24-jähriger Student Mathias F. verstrickt gewesen sein. Mehr als 1000 Schuss Munition hatte die Polizei in seiner Wohnung im hessischen Offenbach gefunden. Und gestern, Dienstag, wurde in Kehl, Baden-Württemberg, die mutmaßliche „Nummer drei“ des Komplotts festgenommen: Maximilian T.
Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen ihm und Franco A: Ähnliches Alter – T. ist 27 –, beide sind Soldaten, stationiert im selben Jägerbataillons 291 in Illkirch, Frankreich. Und nach Lesart der Ermittler teilen sie dieselbe rechtsextreme Gesinnung. Beide stehen nun unter Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben.
Konkret sollen die zwei Soldaten und der Student Angriffe auf das Leben „hochrangiger Politiker und Personen des öffentlichen Lebens“ geplant haben. Die möglichen Opfer hatten gemeinsam, dass ihnen das Trio eine „verfehlte“ Flüchtlings- und Ausländerpolitik unterstellte. Ihre Ziele hatten sie nach Ermittlungen der Bundesanwaltschaft in vier Kategorien unterteilt. A, B, C und D. Unter „A“ ist Altbundespräsident Joachim Gauck gelistet sowie SPD-Justizminister Heiko Maas.
Berichten zufolge waren die Namen handschriftlich notiert – und zwar von Maximilian T. Bestätigt ist das nicht. Aber der 27-Jährige hatte noch eine zweite Aufgabe und zwar immer dann, wenn Oberleutnant Franco A. wieder einmal zu David Benjamin wurde, in die Rolle des syrischen Flüchtlings schlüpfte. A. holte sich die Asylleistungen bisweilen persönlich ab, verließ dafür das Jägerbataillon – und Maximilian T. deckte den Abwesenden in der Kaserne jedenfalls teilweise mit „falschen Entschuldigungen“.
Dass A. als Flüchtling durchging, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bloß. Es gibt erste Konsequenzen: 2000 positive Asylbescheide werden neu durchleuchtet. Die in den Fall involvierten Dolmetscher wurden vorerst aus dem Dienstverkehr gezogen. Dass A. kein oder kaum Arabisch sprach, hatte sie nicht irritiert. A. soll ihnen aufgetischt haben, dass er einer christlichen, französischen Minderheit angehöre. Also wurde auf Französisch parliert.
Als Ballgäste in Wien
Die Geschichte spielt auch in Wien: Mitte Jänner reist Franco A. nach Österreich, zum Ball der Offiziere, wie er angibt. Er ist nicht allein. Nach „Presse“-Informationen begleitet ihn zumindest Maximilian T. Auf dieser Reise besorgen sie sich eine Pistole. Woher sie die Waffe haben, weiß man noch immer nicht, heißt es in Wien. Die Angaben von Franco A., wonach er die Pistole in einem Gebüsch gefunden habe, halten die Ermittler aber für ein Märchen.
Die Waffe versteckt er jedenfalls in einer Behindertentoilette am Flughafen Wien-Schwechat. Als er sie Wochen später abholen will, schlägt die Polizei zu. Nach Abgleich der Fingerabdrücke beginnt seine Flüchtlingsidentität aufzufliegen. Auch wenn A. vorerst freikommt. Die Ermittler spähen jetzt eine WhatsApp-Gruppe mit A. aus, in der Rechtsextremes ausgetauscht wird und auch ein 25-jähriger deutscher Reservist aufscheint, der in Wien lebt. Er wird als Zeuge geführt, Franco A. dagegen Ende April festgenommen. Gestern buchstabiert die Bundesanwaltschaft recht konkret aus, was Franco A., Maximilian T. und Mathias F. vorschwebte: „Die von den drei Beschuldigten geplante Tat sollte von der Bevölkerung als radikal-islamistischer Terrorakt eines anerkannten Flüchtlings aufgefasst werden.“ Ein solcher Akt hätte „besonderes Aufsehen erregt“ und „zu dem allgemeinen Gefühl einer Bedrohung beigetragen“.
Von der Leyen in schwerer Krise
Der Fall wühlt die Bundeswehr auf und stürzt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in die schwerste Krise ihrer Amtszeit. Sie hatte der Bundeswehr pauschal ein „Haltungsproblem“ unterstellt, woraufhin sich das Bild festsetzte, dass sich eine Ministerin auf Kosten der Truppe aus der Affäre redet. Inzwischen hat sie sich bei den Generälen entschuldigt. Jede neue Enthüllung stärkt die Ministerin in ihrer Auffassung, wonach bei der Bundeswehr einiges im Argen liege. Wobei das auch kein gutes Licht auf die „IBuK“ wirft, die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt, wie sich von der Leyen gern nannte. Zumindest vor dem Fall Franco A.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2017)