Erstmals seit dem Frühjahr 2008 wächst die Wirtschaft wieder. Der Aufschwung trägt sich aber noch nicht selbst. Österreichs Regierung ist dennoch zufrieden.
Wien (hie). Österreichs Wirtschaft dürfte das Schlimmste überstanden haben. Zumindest, wenn man der am Freitag veröffentlichten Schnellschätzung des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) glauben darf. Derzufolge ist die heimische Wirtschaftsleistung im dritten Quartal 2009 um zarte 0,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Das ist das erste Plus seit dem Frühjahr 2008. Allerdings startet das Wachstum von einem sehr niedrigen Niveau: Im Vergleich zum Vorjahresquartal liegt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) immer noch mit 2,4 Prozent im Minus.
Das „überaus kräftige“(© Wifo)Wachstum seit Jahresmitte führen die Konjunkturforscher vor allem auf Bauinvestitionen und steigende Ausfuhren zurück. Österreichs Unternehmen exportieren zwar geringfügig mehr als in den Monaten April bis Juni, aber um 15 Prozent weniger als in der Vergleichsperiode 2008. Während der private Konsum im Vergleich zum zweiten Quartal 2009 stagnierte, zog der öffentliche um 1,2 Prozent an. Hier schlugen sich aber Ausgaben von rund 100 Millionen Euro für zwei Abfangjäger zu Buche. Da sich damit die Importe erhöhen, ist das Plus zwar nicht BIP-wirksam, im kommenden Quartal wird sich der öffentliche Konsum aber um diesen Betrag reduzieren.
Österreich in der Eurozone vorn
Ein Plus verzeichnet auch die Eurozone – wenngleich dieses mit 0,4 Prozent geringer ausfiel als erwartet. Österreich ist dabei unter den Spitzenreitern zu finden. Laut den gestern veröffentlichten Eurostat-Zahlen liegt Deutschland (0,7 Prozent) hinter, die Slowakei (plus 1,6 Prozent) vor Österreich.
Einen Grund, in Freudentaumel auszubrechen, liefern die Zahlen nicht. Experten und Politiker sind sich einig, dass es sich um keinen „selbsttragenden“ Aufschwung handelt – dass also die Wirtschaft nicht allein den Weg aus dem ökonomischen Jammertal gefunden hat. Das Wachstum ist vielmehr schuldenfinanziert und somit geliehen. Österreich gibt allein heuer und im kommenden Jahr rund zwölf Milliarden Euro zusätzlich für die Belebung der Konjunktur aus. Wifo-Experte Markus Scheiblecker rechnet frühestens für die zweite Jahreshälfte 2010 mit einem selbsttragenden Konjunkturaufschwung.
Die Regierung sparte nicht mit Eigenlob: „Wir haben mit ruhiger Hand durch die vergangenen Krisenmonate gesteuert“, gab sich Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) zufrieden. Bestätigt fühlt sich auch der Koalitionspartner: „Umsichtig und effektiv“ nannte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die Reaktion der Regierung auf die Krise. SP-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter wertet die „erfreulichen Zahlen“ als Beleg für die wirtschaftspolitische Kompetenz der SPÖ: „Eine aktive Wirtschaftspolitik der öffentlichen Hand ist besser als neoliberale und konservative Konzepte.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2009)