Traditionsfleischer Trünkel hat sich nach dem Aus neu erfunden

Die Traditionsfleischerei Trünkel hat nach 111 Jahren alle Filialen geschlossen
Die Traditionsfleischerei Trünkel hat nach 111 Jahren alle Filialen geschlossen Stanislav Jenis
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Es gibt keine Filialen mehr und keine eigene Produktion: Die "neue" Fleischer-Firma Trünkel kauft bei früheren Konkurrenten und beliefert Handel und Gastronomie.

Das völlige Aus für die Wiener Traditionsfleischerei Trünkel war bereits beschlossene Sache, das Risiko einer teuren Investition in die veralteten Produktionsanlagen erschien dem Familienbetrieb zu hoch. Doch nun will es der frühere Co-Geschäftsführer Michael Trünkel mit einem neuen Konzept doch noch einmal versuchen - ohne Filialen oder eigene Produktion und mit einer stark reduzierten Mannschaft.

Im November 2016 war bekannt geworden, dass die Leopold Trünkel Ges.mbH nach 112 Jahren mit Ende April 2017 geschlossen werden sollte, weil eine Investition in Millionenhöhe in die 25 Jahre alten Betriebsanlagen als zu großes Wagnis erschien. "Nachdem das Commitment unserer Kunden vorhanden war, dass sie mit uns weiter arbeiten wollen, habe ich mich entschlossen ein neues Unternehmen zu gründen", sagte Michael Trünkel am Dienstag in einer Pressekonferenz in Wien.

Die neue Michael Trünkel GesmbH hat nach der Schließung des alten Unternehmens nahtlos ihren Betrieb aufgenommen. "Es gibt keine Filialen mehr. Wir konzentrieren uns auf das Geschäft mit dem Lebensmitteleinzelhandel und die Belieferung der Gastronomie soll unser Hauptgeschäft bleiben", sagte Trünkel. Um die Kosten zu senken, wird nicht mehr selbst produziert: "Wir stellen die Rezepturen und die Technologie zur Verfügung und haben sehr viel Know-how transportiert. Berger Schinken wird bis zu 60 Prozent unserer Sortiments liefern und erzeugt unter unserer Marke die Produkte so, wie wir sie vorgegeben haben." Daneben arbeitet Trünkel auch mit Radatz oder der oberösterreichischen Firma Hochreiter.

Heuer sollen es fünf Millionen Euro werden

Durch die Auftragsproduktion würden nicht nur die Kosten gesenkt, sondern durch die moderneren Produktionsanlagen auch die Qualität verbessert, sagte Trünkel. "Berger ist ein g'standener Familienbetrieb der jetzt neuerlich 6 Millionen Euro in seine Produktion investiert." Selbst eine neuen Produktion auf die Beine zu stellen würde 15 bis 20 Millionen Euro kosten, schätzt Trünkel.

Die alte Trünkel Ges.mbH hatte mit rund 100 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 12 bis 13 Millionen Euro erwirtschaftet, Michael Trünkel ist mit 25 Leuten gestartet - die meisten von ihnen kommen von Trünkel "alt" - und peilt im Rumpfjahr 2017 einen Umsatz von 5 Millionen Euro an. In der Folge will er 7,5 Millionen Euro pro Jahr umsetzen, davon rund 15 Prozent aus dem Lebensmitteleinzelhandel, der Rest soll aus der Gastronomie und dem Export kommen.

Im ersten Monat sei man im Plan gelegen, "die Gastronomie ist uns treu geblieben", sagte Trünkel. "Wir haben Kundenbetreuer, die selbst zu den Kunden fahren und ihnen Fleisch-, Wurst- und Schinkenprodukte sowie Salate liefern und auch weitere Serviceleistungen anbieten." Dazu zählen Panieren, Schnitzel plätten oder auf Gramm genaue "Maßschnitte" per Hand. "In der Vergangenheit haben wir die Wiener Gastronomie, g'standene Gasthäuser und Heurigenlokale beliefert, künftig wollen wir auch in die gehobene Gastronomie", sagte Trünkel. Wenn diese ein gewisses Sortiment benötige, werde man sich darauf einstellen. "Es wird vielleicht auch das Thema Fisch für uns kein Tabu bleiben." In den Vertrieb der Trünkel-Produkte will man auch Schinken von Berger oder die Cabanossi von Radatz aufnehmen.

Leberkäse für BP-Tankstellen

Geographischer Schwerpunkt des Gastronomie-Vertriebs ist der Osten Österreichs mit Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, auch wegen der Nähe zum neuen Firmenstandort im 23. Bezirk in Wien. Der Standort Baumgasse im 3. Bezirk wird spätestens Ende Juni geschlossen.

Ein weiteres wichtiges Standbein soll die Belieferung von Tankstellen sein. "Wir werden über die BP-Tankstellen in ganz Österreich erhältlich sein", sagte Trünkel. "Das Commitment der BP-Pächter war für unser Unternehmen eigentlich ausschlaggebend neu durchzustarten." So werde man etwa die BP-Gastrobetriebe mit Leberkäse beliefern, "das ist der Hamburger der Tankstelle, da sind wir Hauptlieferant von BP".

Im Lebensmitteleinzelhandel bleibt Trünkel nur mit einer Handvoll Produkten erhalten wie etwa Würstel oder Pasteten. Es werde Listungen im gehobenen Lebensmitteleinzelhandel geben, etwa bei Merkur, Billa, Adeg und Spar Gourmet. Im Cash&Carry-Bereich sei man in Verhandlungen mit Metro. "Sie haben schon mündlich zugesagt uns einzulisten." Verhandlungen mit Transgourmet stünden noch bevor.

Sein Fleisch will Trünkel aus dem Weinviertel beziehen, "die Firma Schuster in Großharras ist unser Hauptlieferant". Aber man werde auch ausländische Ware anbieten, etwa Steaks aus Argentinien.

(APA)

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