Serie Die häusliche Ausstattung mit Unterhaltungselektronik war in der Nachkriegszeit dürftig. Also musste man selber kreativ werden.
„Manderlradio“ hieß das Fernsehen in der Nachkriegszeit. Und aus heutiger Sicht stimmt das. Full HD? Keine Rede davon. Graue Männlein und Weiblein huschten durchs Bild. Es gab nur zwei Kanäle, kein Privat-, kein ausländisches Fernsehen. Der Hit des Tages war „Zeit im Bild“ mit Hugo Portisch, der anfangs noch heftig gestikulieren durfte, später hat man ihm das abgewöhnt. Ich war schreckhaft, daher bei der Präsentation der Weltenlage nicht dabei. Außerdem hatten wir lange keinen Fernseher.
Für Kasperl und Pezi ging ich einmal in der Woche zur Freundin meiner Mutter, die drei Kinder hatte, davon einen Sohn in meinem Alter. Wie alt waren wir? 1962? Fünf? So ungefähr. Der Roland war schon vom Fernsehen verdorben. Kasperl fand er „babyisch“. Aber er musste die Sendung anschauen, weil ich zu Besuch kam.
Die häusliche Versorgung mit Unterhaltung war dürftig
Die häusliche Versorgung mit Unterhaltung war dürftig. Man spielte im Garten oder im Park „Winnetou“ oder „Räuber und Gendarm“. Kino war eine Attraktion für meine Eltern: Breitwand, flüsterte meine Mutter ehrfurchtsvoll. Im Forumkino neben dem Rathaus sahen wir in Technicolor „Circus World“ mit Rita Hayworth und John Wayne (1964). Das Fernsehen hieß auch Patschenkino, für die Vorstellung eines Hollywood-Films in der Innenstadt zogen sich meine Eltern an wie für einen Theaterbesuch: Er Anzug, sie Jackenkleid. Und wie in den Kammerspielen, in denen sich meine Eltern gern amüsierten, leider meistens ohne mich, ich war noch zu klein, wurde ein Piccolo-Sekt geteilt.
„Was macht ihr eigentlich abends?“, fragten meine Schulkolleginnen in der Klosterschule St. Ursula, in den Klassen gab es übrigens damals nur Mädchen. Wer die US-Agentenserie „Solo für O. N. C. E. L“ nicht kannte oder „Der Kommissar“, war ein Underdog. Was machten wir wirklich abends? Was machten wir überhaupt ohne Fernsehen und Computer? Meine Eltern redeten viel miteinander – und mit mir. Aber ich hatte mich auch still zu beschäftigen. Ich las Bücher und hörte Schallplatten - mit meinem Kofferplattenspieler, „Die Zauberflöte“ mit Wilma Lipp oder Indianische Märchen, gelesen von Victor de Kowa – und ich schrieb Tagebuch.
Und irgendwann kam dann dieses unglaublich tolle Gerät von Aiwa ins Haus. Aiwa, ein japanischer Konzern, in den 1960er und 1970er Jahren war dieses Land fast noch weiter weg als Amerika. Mit dem Aiwa Kassettenrekorder, der zum Unterschied von den voluminösen Magnetophonen leicht herumgetragen werden konnte, war es möglich bei Freundinnen die Ö3 Hitparade aufzunehmen – und mich selbst. Und meinen Vater. Andere Familienmitglieder waren leider weniger fortschrittlich und wollten nicht ins Mikrofon plaudern. Aiwa und die mechanische Schreibmaschine meiner Mutter (eine von denen, wo sich immer die Tasten verhedderten, wenn man zu schnell tippte) öffneten mir das Tor in die Welt der Medien, die damals noch sehr eng war.
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