Der erweiterte Bundesvorstand hat über die Nachfolge von Eva Glawischnig entschieden: Die Partei bekommt eine Doppelspitze.
Die Grünen bekommen für die Neuwahl eine Doppelspitze: Tirols Landesparteichefin Ingrid Felipe wird Bundessprecherin, die EU-Mandatarin Ulrike Lunacek Spitzenkandidatin. Das hat der erweiterte Bundesvorstand am Freitag in Salzburg einstimmig entschieden.
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Viel sei spekuliert worden, "entweder Lunacek oder Felipe", sagte die Tirolerin. Nun werde es ein "sowohl als auch". Als alleinerziehende Mutter eines "13-jährigen, pubertierenden Burschen" und als stellvertretende Landeshauptfrau könne sie nur als Parteisprecherin zur Verfügung stehen, nicht jedoch als Spitzenkandidatin, so Felipe.
Lunacek erklärte, sie freue sich auf einen spannenden Wahlkampf. Die Grünen seien die einzige Partei links der Mitte und "die einzigen, die garantieren, dass es mit uns keine FPÖ in der Regierung gibt".
Entscheidung über Klubvorsitz am Mittwoch Noch keine Entscheidung gibt es darüber, wer den Klubvorsitz im Parlament übernehmen soll. Das wird der Klub am Mittwoch entscheiden. Derzeit leiten Glawischnigs drei Stellvertreter den Klubs interimistisch: Albert Steinhauser, Gabriela Moser und Werner Kogler.
Endgültig beschlossen ist die neue Parteispitze übrigens noch nicht: Das obliegt der Bundesversammlung der Grünen, die Ende Juni in Linz tagen wird.
Für "die Ingrid", wie Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin Felipe sich nicht nur selbst auf Twitter nennt, sondern auch von Parteifreunden betitelt wird, sollte es ein großer Karriereschritt werden. Geworden ist daraus ein Kurzzeitexperiment. Die 39-Jährige folgte am 26. Juni der zurückgetretenen Eva Glawischnig als Parteichefin der Grünen nach - um der Parteispitze am 17. Oktober wieder den Rücken zu kehren. APA/HERBERT PFARRHOFER Unter der studierten Betriebswirtin legten die Grünen bei der Tiroler Landtagswahl im Jahr 2013 1,86 Prozentpunkte zu und landeten mit 12,59 Prozent auf dem dritten Platz. Zudem gewannen die Grünen ein zusätzliches Mandat. Einziger Wermutstropfen war, dass ihr das beste Ergebnis in der Geschichte der Tiroler Grünen verwehrt blieb. Dies holte die Öko-Partei unter ihrem Urgestein Georg Will bei der Landtagswahl 2003 mit 15,59 Prozent, was bis dato den größten Sieg bei Landes- oder Bundeswahlen bedeutete. APA/HELMUT FOHRINGER In lediglich drei Sondierungsrunden führte Felipe das Grüne Verhandlungsteam in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. Als Ernte wurden zwei grüne Landesräte und die Agenden Umwelt- und Klimaschutz, Verkehr, Frauen, Soziales und Integration eingefahren. Zupass kam Felipe freilich, dass sie im Wahlkampf kein Porzellan zerbrochen hatte, und gegenüber der ÖVP einigermaßen konziliant auftrat. APA/HELMUT FOHRINGER Das setzte die 39-Jährige, die letztlich wohl doch eher der "Realo"-als der "Fundi"-Fraktion zuzurechnen ist, auch in der Regierungsarbeit fort. Ihr Verhältnis zu Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gilt als ausgezeichnet und ist von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Prekäre Themen umschiffte man in der Koalition einmütig. An der Seite von Platter wurde ihr Auftreten auch bei öffentlichen Auftritten nach und nach souveräner. Bis auf verhaltene Kritik hie und da wurde die Regierungsarbeit auch in der Grünen Basis durchaus mit Wohlwollen aufgenommen. APA/THOMAS BÖHM/TT Felipe wurde am 22. August 1978 in Hall in Tirol geboren. 1997 legte die 39-Jährige die Matura an der Handelsakademie in Innsbruck ab. Danach absolvierte die langjährige Handball-Spielerin das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck und arbeitete unter anderem im Projektmanagement bei diversen Veranstaltungen des Tiroler Handballverbandes sowie als Büromanagerin in einem Architekturbüro. APA/THOMAS BÖHM/TIROLER TAGESZEI Von 2005 bis 2010 fungierte die Mutter eines Sohnes als Finanzreferentin der Grünen. Seit November 2009 bekleidet sie das Amt der Partei-Landessprecherin. Im Mai 2012 zog Felipe als Nachfolgerin der aus gesundheitlichen Gründen ausgeschiedenen Abgeordneten Maria Scheiber in den Tiroler Landtag ein. Im Mai 2013 wurde sie vom Tiroler Landtag zur LHStv. und Landesrätin unter anderem für Umwelt- und Klimaschutz sowie Verkehr gewählt. APA/ALINA PARIGGER Seit Februar 2016 war sie auch stellvertretende Bundessprecherin, damals folgte sie der Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou in diesem Amt nach. Innerhalb der Partei gilt Felipe, die sich laut eigenen Angaben unter anderem von Bert Brecht, Victor Hugo, Maria Ebner-Eschenbach und Richard David Precht inspirieren lässt, durchaus als gute Netzwerkerin. APA/HELMUT FOHRINGER "Die Ingrid": Vier Monate an der grünen Parteispitze Sie wagt den Sprung von einer etablierten Position im EU-Parlament in eine ungewisse Zukunft in Wien: Ulrike Lunacek wird grüne Spitzenkandidatin unter der neuen grünen Parteichefin Ingrid Felipe. Lunacek, derzeit Vizepräsidentin des EU-Parlament und grüne Delegationschefin in Brüssel, ist am 19. Mai vom erweiterten grünen Bundesvorstand zur Spitze für die Nationalratswahl gekürt worden. Die Presse Angesichts des innenpolitischen Chaos der vergangenen Wochen - Rücktritt von ÖVP-Chef Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Übernahme der Volkspartei durch Außenminister Sebastian Kurz und dem de facto Bruch der Koalition sowie Neuwahlen im Oktober - und den schlechten Umfragedaten für die Grünen könnte sich eine Entscheidung für die Grünen-Spitze als Himmelfahrtskommando erweisen. Mit einem Zuwachs der Grünen bei den Wahlen wird praktisch nicht mehr gerechnet, es geht eher darum, ein stärkeres Abrutschen zu verhindern. APA/ROLAND SCHLAGER Lunacek, die gerade ihren 60. Geburtstag gefeiert hat, hat sich in den vergangenen Jahren nach anfänglichen Querelen mit Johannes Voggenhuber als Stabilitätsfaktor der Grünen auf nationaler und internationaler Ebene erwiesen. Seit 2013 ist sie auch Vizepräsidentin der Grünen Fraktion im EU-Parlament und Kosovo-Berichterstatterin. Beim vergangenen EU-Wahlkampf 2014 konnten die Grünen deutlich zulegen. Lunacek legte einen fehlerfreien Wahlkampf hin, war sachlich versiert und machte sich auch im EU-Parlament selbst einen Namen. APA/HELMUT FOHRINGER Gekämpft hat Lunacek für so ziemlich alles, was sie bisher erreicht hat. Ihr Selbstbewusstsein schöpfte die bekennende Lesbe unter anderem aus ihrem Einsatz für die Rechte Homosexueller. Lunacek wurde am 26. Mai 1957 in Krems an der Donau geboren. Die Tochter des Generaldirektors der Raiffeisenwarenzentrale wuchs schnell zu einer weltoffenen Frau heran. Als Dolmetschstudentin für Englisch und Spanisch in Innsbruck unternahm sie unter anderem mehrere Südamerika-Reisen. APA/HERBERT NEUBAUER Schon früh war Lunacek für die Rechte von Frauen aktiv. Sie war etwa beim Aufbau des Innsbrucker Frauenhauses involviert, war Redakteurin des Magazins "Südwind" und Obfrau des Vereines "Frauensolidarität". Weitere Stationen der passionierten Schwimmerin: Der Sportverein für Lesben und Freundinnen "Marantana", das Österreichische Lesben- und Schwulenforum und das Wiener "TheaterBrett", wo sie als Pantomime auftrat. (Bild: Conchita Wurst und Lunacek) APA/EPA/OLIVIER HOSLET 1994 delegierte der Österreichische Informationsdienst Lunacek zur UNO-Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung nach Kairo. 1995 koordinierte sie die Pressearbeit der nichtstaatlichen Organisationen (NGO) zur UNO-Weltfrauenkonferenz in Peking. In denkbar schlechten Zeiten stieß Lunacek zu den Grünen. Sie kandidierte 1995 erstmals für den Nationalrat und erlebte eine vernichtende Niederlage der Partei. Ein Mandat blieb ihr vorerst verwehrt. Entschädigt wurde Lunacek ein Jahr später, als sie zur Grünen Bundesgeschäftsführerin avancierte. 1999 gelang schließlich der Sprung in den Nationalrat. APA/HERBERT NEUBAUER Im Hohen Haus angelangt, konnte Lunacek unbeirrt für die rechtliche Gleichstellung und soziale Akzeptanz homosexueller Menschen auftreten. Das tat sie stets mit Selbstbewusstsein, einengen ließ sie sich auf eine derartige Rolle allerdings nicht. Als außenpolitische Sprecherin holte sie sich auch - neben ihrer regen Reisetätigkeit und Sprachgewandtheit - das notwendige Rüstzeug für das Europaparlament. Einiges an Rüstzeug wird Lunacek auch als Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl brauchen. APA/HERBERT NEUBAUER Vom EU-Parlament an die Grünen-Spitze (kron)
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