So zensiert Facebook seine Inhalte

Facebook ist wegen seiner Löschpolitik in Kritik geraten.
Facebook ist wegen seiner Löschpolitik in Kritik geraten.REUTERS/Dado Ruvic/Illustration/File Photo
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Gewalt, Hasspostings, Pornographie - ein geleaktes Regelwerk offenbart, wo die Social-Media-Plattform die Grenze zwischen erlaubten und verbotenen Inhalten zieht.

Welche Inhalte sind auf Facebook erlaubt? Welche fallen den Zensoren der Social-Media-Plattform mit seinen mehr als zwei Milliarden Nutzern zum Opfer? Der Tech-Gigant hat ein gigantisches Regelwerk über Themen wie Gewalt, Hasspostings, Terror, Pornographie, Rassismus und Selbstverletzungen erstellt, zeigt ein Bericht des "Guardian" - sogar Löschregeln für Rachepornos und Kannibalismus scheinen in dem Handbuch für Facebook-Moderatoren auf.

Die britische Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf mehr als 100 interne Dokumente, die festschreiben, wie mit gemeldeten Inhalten in dem sozialen Netzwerk umzugehen ist. "Trete jemanden mit roten Haaren" ist ebenso erlaubt wie "Lass uns fette Kinder treten" oder "Um den Nacken einer Schlampe zu brechen, richte all deinen Druck auf die Mitte ihres Halses" - Facebook stuft solche Inhalte als "unglaubwürdig" und "gewalttätigen Ausdruck von Antipathie und Frustration" ein. Aussagen wie "Irgendwer sollte Trump erschießen" oder "#ersteche und werde zur Furcht der Zionisten" hingegen müssten gelöscht werden.

Die eingesehenen Dokumente verdeutlichten nicht nur, dass Facebook auf neue soziale Phänomene reagieren müsse - etwa Rachepornos, also freizügige Bilder und Videos von Verflossenen -, schreibt der "Guardian". Sie zeigten auch die Herausforderungen für die Moderatoren, die von der Flut an gemeldeten Postings überfordert seien. Einem Dokument zufolge soll Facebook pro Woche allein 6,5 Millionen Berichte über potentiell gefälschte Konten erhalten.

Moderatoren sind überfordert

Moderatoren hätten oft nur zehn Sekunden Zeit, um eine Entscheidung zu treffen, schreibt der "Guardian". "Facebook kann seine Inhalte nicht unter Kontrolle halten", sagte ein Facebook-Angestellter. "Es ist zu schnell, zu groß gewachsen." Viele Moderatoren hätten Bedenken über die Widersprüchlichkeit der Regeln. So seien die Bestimmungen über sexuelle Inhalte besonders komplex und verwirrend.

In der Vergangenheit war Facebook mehrmals wegen seiner Löschpolitik in Kritik geraten. Für Aufsehen sorgte etwa, dass die Plattform das weltbekannte Foto des "Napalm-Mädchens", das die Grauen des Vietnamkriegs festhält, von der Facebook-Seite einer norwegischen Zeitung entfernte. So forderten Kritiker in Europa und den USA, das einflussreiche Unternehmen solle sich an die gleichen Regeln wie Massenmedien halten müssen.

Die veröffentlichten Dokumente geben unter anderem Einblick in den Umgang Facebooks mit Gewalt-Videos. Sie seien zwar verstörend, doch könnten sie Bewusstsein über psychische Krankheiten, Kriegsverbrechen oder "andere wichtige Themen" schaffen. Daher sollen sie vor "Minderjährigen versteckt", aber nicht "automatisch gelöscht" werden.

Facebook: "Grauzonen wird es immer geben"

Ähnlich geht Facebook bei Bildern und Videos vor, die nicht-sexuellen Kindesmissbrauch zeigen. Solche Inhalte sollen nur gelöscht werden, wenn sie den Sadismus oder die Freude der Täter zur Schau stellten. Die Nutzer können die Postings weiterhin anschauen, werden aber darauf hingewiesen, dass sie aufwühlend seien. Facebook will damit sicherstellen, dass die abgebildeten Kinder erkannt werden, um die Identifikation zu ermöglichen.

Facebook fühle sich für seine Community verantwortlich, sagte Monika Bickert, Verantwortliche für Facebooks Firmenpolitik, dem "Guardian". Gleichzeitig gab sie zu, dass das Unternehmen die Inhalte nicht völlig unter Kontrolle halten könne: "Wir haben eine sehr diverse, globale Community. Die Menschen haben sehr unterschiedliche Ideen darüber, was man mit anderen teilen darf. Egal, wo man die Linie zieht, Graubereiche wird es immer geben."

>>> Bericht im "Guardian".

(maka)


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