Warum Häupl Pröll fürchtet – und Faymann

Michael Häupl fürchtet die ÖVP mehr, als man glaubt – nicht die Wiener natürlich.

Die Sache war zwar noch unausgegoren, musste aber offenbar auf der Stelle kommuniziert werden. Überstürzt wurde eine Pressekonferenz einberufen, geladen wurden nur Michael Häupls vertrauenswürdige Medien im Kleinformat und der ORF Wien. Der Stadtchef musste am Montag schnell zwei von mehreren Fragen seiner für Februar geplanten Volksbefragung unter das Volk bringen. An den anderen wird noch getüftelt.

Vielleicht habe die Opposition wieder einmal eine gute Idee, die er sich ausborgen könne, meinte er sinngemäß bei seiner wöchentlich stattfindenden Pressekonferenz einen Tag später. In den 24 Stunden dazwischen hatte die ÖVP Christine Marek zur Chefin gekürt, der SP-Vorschlag hatte die Nachricht in manchen Medien erfolgreich verdrängt – der U-Bahn-Zeitung war die neue „VP-Sekretärin“ nur eine Kurzmeldung wert. Der Bürgermeister bekam natürlich breiten Platz.

Muss Häupl schon die vergleichsweise unbekannte Christine Marek fürchten? Nein, aber Josef Pröll. Denn der hat seiner Staatssekretärin versprochen, sie im Wiener Wahlkampf zu unterstützten. Im Gegensatz zu früheren Wahlgängen in Wien will der VP-Chef selbst auf die Straße in den Nahkampf gehen. Die Wiener ÖVP muss unbedingt ein Plus einfahren, nur so kann er sein aufgebautes Image als Wahlsieger verteidigen. Und: Vizekanzler Pröll plant, Wien zum indirekten Duell mit Kanzler Werner Faymann zu stilisieren. Denn aus heutiger Sicht würde dieses Match für Pröll ausgehen, glaubt man einer aktuellen Umfrage der ÖVP, die Pröll bei den Sympathiewerten vor Faymann sieht. Obwohl der SP-Chef hier Stadtrat war und sein Konterfei unzählige bezahlte und unbezahlte Zeitungsseiten zierte. Selbst wenn Faymann freundlichere Umfragen hat: Sein Image ist auch in seiner Stadt angekratzt. Und Häupls altes Landeshauptmannrezept, sich vom Bund abzugrenzen, funktioniert nur, wenn sein Exkronprinz den Ballhausplatz so selten wie möglich verlässt.

Das weiß man auch in der ÖVP, die Wiener Partei wird dennoch immer wieder „Faymanns Wien“ apostrophieren. Wenn sie damit nicht durchkommt, ist da noch immer Heinz-Christian Strache, der Faymann und Häupl lautstark als Rathaus-Zwillinge attackieren wird. Dass ausgerechnet Ex-Wohnbaustadtrat Faymann, der auf Veranstaltungen vor seinem Wechsel an die SP-Spitze schon einmal mit „der nächste Bürgermeister!“ vorgestellt wurde, sich nun vor der Gemeinderatswahl fürchtet, hätte kaum einer erwartet. Am allerwenigsten Faymann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2009)

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