Camilla Nylunds erste Wiener Leonore

Exzellent besetzter "Fidelio" mit etlichen Debütanten an der Staatsoper.

Noch bleiben wir von Experimenten verschont - statt "Oper 4.0" gibt man Otto Schenks Regie-Klassiker; und bietet in dessen 235. Aufführung (das heißt soviel wie 235:0 für Beethoven, denn man erlebt das Stück und nicht eine partielle "Deutung") exzellente Neuzugänge. Voran die Leonore der Camilla Nylund, die sich mit diesem Debüt gleich in die allererste Reihe der Interpretinnen dieser Partie katapultiert. Der dramatische Sopran scheint auf dem Höhepunkt seiner Strahlkraft und dynamischen Entfaltung angelangt. Die Arie bereitet der Nylund, scheint's, weder in Sachen großräumiger Kantilene noch im Hinblick auf die explosive Steigerungsfähigkeit Mühe. Und in den Ensemblesätzen harmoniert sie gleichermaßen mit dem zarten, lyrischen Sopran der Marzelline von Chen Reiss wie mit dem behäbig gewordenen, aber immer noch höchst imposanten Heldentenor von Peter Seiffert!

Chen Reiss macht mit ihrer innig gesungenen Arie den Singspiel-Teil der Oper zum anrührenden Kammespiel. Ihr zur Seite der exzellente Jaquino von Jörg Schneider und der ebenfalls neue Vater Rocco von Günther Groissböck. Er adelt sein Gefängnis mit rundem, edel timbriertem Bass zu einem vokalen Fünfsterne-Betrieb.

Cornelius Meister sorgt für manch zurückgenommenen Ton, zündet dann aber immer wieder kräftig unter, was nicht immer zu höchster Präzision führt, aber die rechte Stimmung evoziert. Boaz Daniels Minister entfernt zuletzt den gar nicht so bedrohlich tönenden Finsterling Pizarro; dann ist auch der Chor ganz im Takt. 

Ein starker Abend. Wiederholungen am 26. und 30. Mai.

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