G-7-Plan für Flüchtlingskrise scheitert an Blockade der USA

Justin Trudeau (Kanada), Angela Merkel (Deutschland), Donald Trump (USA), Paolo Gentiloni (Italien), Emmanuel Macron (Frankreich), Shinzo Abe (Japan), Theresa May (Großbritannien), Donald Tusk, Jean-Claude Juncker (EU)
Justin Trudeau (Kanada), Angela Merkel (Deutschland), Donald Trump (USA), Paolo Gentiloni (Italien), Emmanuel Macron (Frankreich), Shinzo Abe (Japan), Theresa May (Großbritannien), Donald Tusk, Jean-Claude Juncker (EU)APA/AFP/POOL/JONATHAN ERNST
  • Drucken

Italien wollte eine Erklärung zu den positiven Aspekten und Chancen der Zuwanderung gemeinsam mit den G-7-Partnern verabschieden. Die USA legten sich quer: Nur zwei Absätze sollen ihrer Ansicht nach in die Abschlusserklärung gelangen.

Die Blockade der USA hat einen umfassenden Plan von Gastgeber Italien und anderen G-7-Länder für eine bessere Bewältigung der Flüchtlingskrise zu Fall gebracht. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag auf dem Gipfel der sieben großen Industrienationen im italienischen Taormina auf Sizilien erfuhr, bestanden die US-Unterhändler darauf, stattdessen nur zwei Paragrafen in die Abschlusserklärung aufzunehmen, die Grenzsicherung und Sicherheitsaspekte hervorheben.

Entwicklungsorganisationen übten scharfe Kritik und warnten davor, den harten Text so aufzunehmen. G-7-Präsident Italien hatte eigentlich eine Erklärung zu den positiven Aspekten und Chancen der Zuwanderung gemeinsam mit den G-7-Partnern verabschieden wollen. Dabei sollte es auch um Rechte von Flüchtlingen und Schutz vor Ausbeutung gehen. Es war neben einer ebenfalls schon gescheiterten Initiative zur Ernährungssicherheit der zweite Kernpunkt der Präsidentschaft Italiens, das den Gipfelort in Sizilien gewählt hatte, weil dort die meisten Flüchtlinge ankommen.

Im Entwurf der Abschlusserklärung zu den Flüchtlingen, der der dpa vorliegt, heißt es auf Wunsch der USA unter anderem: "Wir bestätigen die souveränen Rechte der Staaten, ihre Grenzen zu kontrollieren und klare Grenzen für die Zuwanderung zu setzen." Wie geschildert wurde, hätten die USA bisher auch keinerlei Verhandlungsbereitschaft gezeigt. "Nimm es oder sonst machen wir nichts", hätten die US-Unterhändler gesagt, schilderten informierte Kreise.

"Das ist Erpressung"

"Das ist Erpressung", sagte Jörn Kalinski von der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Das ist Trampel-Trump." Es sei kontraproduktiv und führe "in eine Sackgasse von Hass, Ablehnung und Abgrenzung". Friederike Röder von ONE warnte davor, die beiden Paragrafen so aufzunehmen. "Wenn dieser kurzsichtige und repressive Text bestätigt wird, könnten die G-7 ihre Glaubwürdigkeit als globale Führer verlieren." Sie hoffe, dass die G7 ein anderes Erbe wählen, "als Mauern um sich herum hochzuziehen". Angesichts alternder Gesellschaften der G-7 sei Zuwanderung im eigenen Interesse.

Italienische Regierungskreise berichteten aber, dass die umstrittene Passage der USA doch in die Abschlusserklärung aufgenommen werde, und sprachen sogar noch von einem "guten Kompromiss". "Sie sollten sich schämen", sagte die Vertreterin einer Entwicklungsorganisation. "Vielleicht ist es ihnen lieber, etwas drin zu haben als gar nichts."

Schon auf dem NATO-Gipfel am Donnerstag in Brüssel hatte Trump das Verteidigungsbündnis aufgefordert, sich auch um die Bekämpfung der Zuwanderung zu kümmern, was Irritationen der Bündnispartner ausgelöst hatte. Mit seiner Blockade brüskiert der US-Präsident den Gastgeber Italien. Der italienische Entwurf für die ursprünglich mehrseitige Erklärung spricht sich für einen neuen, positiven Ansatz im Umgang mit Flüchtlingen und mehr Möglichkeiten für legale Zuwanderung aus.

"Wir sind uns bewusst, dass es mehr Frauen, Männer und Kinder als je zuvor gibt, die vor Konflikten, Katastrophen flüchten oder nach neuen Gelegenheiten suchen", hieß es in dem abgelehnten Papier, das der dpa vorliegt. "Gut verwaltete Zuwanderung und Flüchtlingssysteme sind notwendig, um öffentliches Vertrauen wiederherzustellen und den Bürgern zu versichern, dass Unterstützung an jene fließt, die es wirklich brauchen."

Flüchtlingsproblem auch am Samstag auf Tagesordnung

Das Flüchtlingsproblem steht auch an diesem Samstag bei dem Treffen der G-7-Führer mit Vertretern afrikanischer Staaten - Tunesien, Niger, Nigeria, Kenia und Äthiopien - auf der Tagesordnung. Rund 50.000 Flüchtlinge haben dieses Jahr die gefährliche Reise von Nordafrika in oft untauglichen Booten nach Italien gemacht. Mehr als 1300 sind dabei nach Schätzungen ums Leben gekommen.

(APA/dpa/Reuters/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Sean Spicer im Gespräche mit den Pressevertretern im Weißen Haus in Washington.
Außenpolitik

Trump-Sprecher: Merkels Aussagen "großartig"

Sean Spicer freut sich. Die Äußerungen der deutschen Kanzlerin, die Europäer müssten ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen, entsprächen dem, was Trump gefordert habe.
Außenpolitik

"Das ist sehr schlecht": Trump feuert nach deutscher Kritik zurück

In Berlin entbrennt eine heftige Regierungsdebatte über den Umgang mit dem US-Präsidenten. Trump reagiert darauf mit einer Twitter-Tirade gegen Deutschland.
US-Präsident Donald Trump hinterließ nach seiner Europareise einen Scherbenhaufen.
Außenpolitik

Die Abhängigkeiten der EU: Ganz ohne die USA geht es nicht

Frustriert von Trumps Auftritt bei Nato und G7 rief die wahlkämpfende deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, Europa auf, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Wo die EU von Amerika abhängig ist.
Leitartikel

Warum Angela Merkel an Donald Trump scheitert

Die US-Strategie der Kanzlerin geht nicht auf. Aber zum Glück ist Europa wieder in Mode. Zumindest in Berlin und Paris. Also wird der Kurs gewechselt.
Im Bierzelt zu Trudering pochte Kanzlerin Angela Merkel auf mehr europäische Eigenständigkeit.
Deutschland

CDU sieht kein Ende der transatlantischen Beziehungen

Differenzen ja, aber immer noch Freunde: Nach der Bierzeltrede von Kanzlerin Merkel betonen CDU-Parteigranden die Wichtigkeit der USA. Im Wahlkampf setzt Merkel auf Europa. Kritik kommt von der SPD: Merkel scheue die direkte Konfrontation mit Donald Trump.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.