Touristen und Geschäftsleute haben mit dem G7-Gipfel wenig Freude: 7000 Sicherheitskräfte sichern das Städtchen, das historische Zentrum ist gesperrt, Restaurants und Geschäfte sind geschlossen.
Giardini Naxos. So hatten sie sich das nicht vorgestellt. Schließlich war einiges geplant in dieser Woche, die die deutschen Touristen Andreas und Doris Prestin in Giardini Naxos verbracht haben. Dem Ort, von dessen Strandpromenade aus man auf Taormina blickt, das wie eine Perle in der Austernschale in den Felsen Siziliens liegt. Eine Bootsfahrt wollten sie machen, Ausflüge – vor allem nach Taormina, die Stadt, die jährlich von 1,3 Millionen Touristen besucht wird. Erst zwei Tage vor ihrer Abreise in Waren (Müritz) kam eine Nachricht vom Reiseveranstalter: „Alles gestrichen.“ Wegen des G7.
Taormina, wo gestern der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der sieben großen Industrienationen begann, gleicht einer Festung. „Seit Montag dürfen hier nur noch Einwohner herumlaufen“, sagt Lucia Caminiti, die ein kleines Hotel und Geschäft im historischen Zentrum betreibt. Und natürlich die Polizisten. Von 7000 Sicherheitskräften ist die Rede, die den Ort mit den 10.960 Einwohnern sichern. Während sich die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA im Hotel San Domenico Palace beraten, steht die Frau in ihrem Geschäft in einer Nebenstraße des Corso Umberto I, der Haupteinkaufsstraße der Stadt. Hier verkauft sie typisch Sizilianisches wie Marmelade oder Liköre.
„Im Mai ist eh die ganze Welt zu Gast“
Die Einwohner Taorminas sehen das Spektakel in ihrem Ort mit gemischten Gefühlen. „Es ist eine großartige Sache, diese mächtigen Politiker hier zu haben“, sagt Caminiti. Sie seien nur leider zum falschen Zeitpunkt gekommen. Die Regierung habe den Gipfel extra nach Taormina gelegt, um Werbung für den malerischen Ort zu machen.
„Aber im Mai ist hier eh die ganze Welt zu Gast. Da brauchen wir keine Werbung.“ Stattdessen habe der Gipfel den Touristenfluss komplett gestoppt. Die Taorminer hätten sich einen Termin im Jänner oder Februar gewünscht, in den Monaten, in denen die Besucherzahl seit Jahren auf einem niedrigen Niveau stagniert. „Um zu zeigen, dass es hier nicht nur im Sommer wunderschön ist, das hätte uns geholfen. Aber so haben wir nur Probleme.“ Ihr Geschäft habe sie zwar geöffnet, aber ihr kleines Hotel musste sie für die gesamte Woche schließen. Auch viele Restaurants haben ihren Betrieb eingestellt. „Sie müssen aber weiter Miete und Personal bezahlen, ohne dass sie Einnahmen haben – und das in der Hauptsaison“, klagt Caminiti. „Keiner von uns hat eine Entschädigung für diese Zeit erhalten.“ Schon den ganzen Monat über blieben Besucher aus. Die Stadt sei eine einzige Baustelle gewesen. Auch das berühmte Amphitheater, in dem das obligatorische Familienfoto der Gipfel-Teilnehmer geschossen wurde, war wegen dieser wenigen Minuten bereits Wochen im Voraus gesperrt.
Der erste Gipfeltag für die Mächtigen ist gleichzeitig der letzte Urlaubstag der Prestins. „Außer einem Ausflug auf den Ätna konnten wir nichts unternehmen“, sagt Doris Prestin geknickt, „stattdessen waren wir umgeben von Polizei und Militär“. Dass der G7-Gipfel politisch was bringt, bezweifelt sie. „Da geht es doch nur um die schönen Bilder.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2017)