Van Rompuy: "Türkei wird nie Teil Europas sein"

Van Rompuy:
(c) EPA (Benoit Doppagne)
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Kurz vor der Entscheidung über die EU-Topjobs hat der "EUobserver" eine fünf Jahre alte Türkei-Rede von Hermann Van Rompuy ausgegraben. Der Belgier gilt als Favorit für das Amt des EU-Ratspräsidenten.

Dem belgischen Ministerpräsidenten Herman Van Rompuy - einem Favoriten für den Posten des ersten EU-Ratspräsidenten - werden kurz vor dem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs vergangene Aussagen zur Türkei vorgehalten. So berichtete der Online-Dienst "EUobserver" am Donnerstag, Van Rompuy habe sich im Dezember 2004 - damals noch als Oppositionspolitiker - im belgischen Parlament gegen einen EU-Beitritt der Türkei ausgesprochen.

Rompuy kritisierte Türkei

"Die Türkei ist nicht ein Teil von Europa und wird niemals ein Teil von Europa sein", sagte Van Rompuy den Angaben zufolge damals bei einem Treffen mit dem Europarat. In seiner Rede habe der flämische Christdemokrat die christlichen Werte Europas betont, die von der Türkei untergraben werden könnten.

"Eine Erweiterung der EU zur Aufnahme der Türkei kann nicht wie jede andere Erweiterung betrachtet werden. Die universellen Werte, die in Europa gelten, die auch fundamentale Werte des Christentums sind, werden an Stärke verlieren mit dem Beitritt eines großen islamischen Landes wie der Türkei", zitierte ihn der Online-Dienst. Belgische Diplomaten hätten dem "EUobserver" bestätigt, dass Van Rompuy die Rede gehalten habe, hätten aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass der heutige Ministerpräsident damals in der Opposition war.

Merkels Wunschkandidat

Van Rompuy gilt als Wunschkandidat der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy für den Posten des ersten EU-Ratspräsidenten. Offen ist allerdings, ob ihn auch der britische Premier Gordon Brown unterstützen würde. Bisher favorisiert Brown seinen Amtsvorgänger Tony Blair für den Posten. Großbritannien gilt in der EU als starker Verfechter für einen EU-Beitritt der Türkei, während Sarkozy und Merkel vor den Wahlen zum EU-Parlament im Juni ihren Widerstand gegen eine Aufnahme der Türkei in die EU betont hatten.

Briten gegen den Belgier

Ein Teil der britischen Presse macht seit Tagen gegen den "Euro-Föderalisten" Van Rompuy Stimmung. So titelte am Mittwoch der "Daily Express": "Großbritannien von einem Belgier regiert? Das muss wohl ein Witz sein."

Merkel und Sarkozy stellen sich am heutigen Donnerstagabend vor Beginn des Gipfels in Brüssel der Presse. Gemeinsam mit dem dänischen Ministerpräsidenten Lars Lokke Rasmussen haben sie eine Pressekonferenz einberufen, offiziell geht es darin um die Vorbereitung des Weltklimagipfels im Dezember in Kopenhagen. Beobachter erwarten allerdings, dass Sarkozy und Merkel auch ihre Haltung für einen gemeinsamen Kandidaten für den EU-Ratspräsidenten bekräftigen werden.

Offenes Rennen um EU-Außenkommissar

Der Sondergipfel entscheidet auch über die Besetzung des Postens des "Hohen Repräsentanten" für die EU-Außenpolitik (EU-"Außenminister"). Die europäischen Sozialdemokraten haben sich auf den früheren italienischen Ministerpräsidenten Massimo D'Alema als ihren Kandidaten festgelegt, doch zuletzt waren auch noch der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos und die britische Handelskommissarin Catherine Ashton im Gespräch. Der britische Außenminister David Miliband hat mehrfach abgesagt, er wurde aber bis zuletzt noch als möglicher Kandidat gehandelt. Auch Tony Blair könnte für den Posten des EU-"Außenministers" infrage kommen, "sollte seine Bewerbung für die Ratspräsidentschaft nicht mehrheitsfähig sein", schrieb am Donnerstag die Zeitung "Das Luxemburger Wort".

(Ag.)


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