Abschiebungen nach Afghanistan kurz ausgesetzt.
Kabul/Wien. Fehlerhafte Asylentscheide und der Fall des rechtsextremen Bundeswehrsoldaten Franko A., der sich als syrischer Flüchtling ausgab, haben nun dazu geführt, dass Deutschland zwischen 80.000 und 100.000 Asylentscheidungen aus den vergangenen zwei Jahren überprüfen lässt. Betroffen sind laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière junge Männer zwischen 18 und 40 Jahren.
Medien hatten zuvor berichtet, dass bei internen Prüfungen der Asylbescheide massive Mängel festgestellt wurden. Insbesondere bei Anträgen vieler Afghanen habe ausreichende Dokumentation gefehlt, heißt es weiter. Unterdessen bekräftigte de Maizière am Mittwoch, dass Abschiebungen nach Afghanistan weiterhin durchgeführt würden.
Nach einem Bombenanschlag am Mittwoch in Kabul mit mindestens 80 Todesopfern sind die Rückführungen zumindest für einen Tag ausgesetzt worden. „Es ist keine Veränderung der generellen Linie, sondern eine Entscheidung, die den Umständen des heutigen Tages geschuldet ist“, so der Innenminister. Der Anschlag fand in der unmittelbaren Nähe der deutschen Botschaft hat.
Rückführung aus Wien
Deutschland habe die Rückführungen „aus organisatorischen Gründen“ für einen Tag ausgesetzt, betont Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des österreichischen Innenministeriums. Im Gegensatz zu Berlin hat Wien am Mittwoch 17 afghanische Staatsbürger nach Kabul zurückgeflogen. „Ein Terroranschlag für sich alleine genommen führt nicht dazu, ein Land als Gefahr für die Sicherheit einzustufen“, sagt Grundböck, und verweist auf jüngste Attentate in Städten wie Paris und Brüssel. (ag./duö)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2017)