Russland und die lästigen Sanktionen

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Kanzler Christian Kern beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Die Sanktionen gegen Russland bleiben, dennoch versuchen westliche Konzerne wie die OMV, neue Bande mit Russland zu knüpfen.
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Kanzler Christian Kern beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Die Sanktionen gegen Russland bleiben, dennoch versuchen westliche Konzerne wie die OMV, neue Bande mit Russland zu knüpfen.(c) APA/BKA/ANDY WENZEL (ANDY WENZEL)
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Da die Russland-Sanktionen nicht so schnell aufgehoben werden, sucht die Wirtschaft neue Wege zueinander. Kanzler Kern traf beim Internationalen Wirtschaftsforum Russlands Präsident Putin in St. Petersburg.

St. Petersburg. Schon im Vorfeld des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg, dem „russischen Davos“, hatte Kremlchef Wladimir Putin anklingen lassen, was seiner Ansicht nach zwischen Russland und dem Westen nicht passt. Eine „kontraproduktive Russlandfeindlichkeit“ im Westen ortete er. Aber er hoffe, dass das „nicht zu lange, nicht ewig anhält“. Sein gestriger Auftritt trug zwar inhaltlich nichts zur Veränderung der Situation bei. Aber seine Redseligkeit deutete Kommunikationsbedürfnis an.

Bessere Kommunikation erhoffen sich auch die internationalen Teilnehmer am Forum. Kanzler Christian Kern folgte genauso der Einladung nach Petersburg wie Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel. Kern hielt Putin gegenüber fest, dass sich Österreich den Wirtschaftssanktionen der EU verpflichtet fühle, erklärte aber, dass man „so schnell wie möglich“ eine Lösung wolle. Auch Österreich leide unter den Sanktionen. Im Gespräch mit Putin sprach Kern auch das Thema Ostukraine an – Putin meinte, das könne er nicht alleine lösen. Nebenbei lud Kern Putin nach Kitzbühel ein.

Klar ist: Russland und Putin kommen wieder auf den europäischen Schirm zurück. Nach zwei Jahren Rezession zieht auch die russische Wirtschaft leicht an, und Putin plant neue Investitionsanreize. Dem Kreml-Chef spielt in die Hände, dass die irritierenden Aktionen von US-Präsident Donald Trump die Aufmerksamkeit über den Atlantik ziehen. Beide Seiten – Europa und Russland – erleben die Sanktionen als lästige Hürde im Geschäft, was auch Putin öffentlich zugab. Aber alle wissen, dass sie nicht so schnell gelockert, geschweige denn aufgehoben werden. Jedenfalls nicht, bevor die Voraussetzungen im ostukrainischen Separationskonflikt gegeben sind. Umso mehr wurde in Petersburg klar, dass man einen Weg sucht, trotzdem Business as usual machen zu können. Einen Bypass um die Sanktionen gewissermaßen. Man habe großes Interesse an guten Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, sagte auch Kern.

OMV knüpft neue Bande

Auch wenn einmal mehr durchklang, dass Kooperationen bei Digitalisierung und Industrie 4.0 das neue Band zwischen Russland und der EU sein könnten, wurde offensichtlich, dass es vorerst die Stärkung der Kooperation auf dem Energiesektor sein sollte. Das größte Symbol dafür ist der Ausbau der Ostseepipeline Nord Stream, um den Transit für russisches Gas durch die Ukraine zu verringern. „Es bestehen derart viele politische und wirtschaftliche Unsicherheiten, dass wir wenigstens die funktionierende Energiepartnerschaft ausbauen sollten“, sagt Friedbert Pflüger, Direktor des European Centre for Energy and Resource Security in London. Es sei Zeit, in der Konfrontationsrhetorik abzurüsten. „Wer sagt, man brauche Russland nicht, betreibt ein gefährliches Spiel mit ungewissem Ausgang“, warnte der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder, Aufsichtsratschef der Nord Stream.

Die EU, vor deren zu frühzeitigem Abschreiben Kern auf der Bühne mit Putin warnte, stand auf den Energiepanels wie der begossene Pudel da. Und zwar, weil sie „ohne jegliche Logik“ zusätzlichen russischen Gasverkauf in der EU zu hintertreiben suche. Gazprom bekam hier jegliche Schützenhilfe von seinen westlichen Partnerkonzernen aus Deutschland und Österreich. „Wir sollten uns vernünftig verhalten“, meinte Mario Mehren, Chef der deutschen Wintershall, mit Bezug darauf, dass die Transportdistanz zum rohstoffreichsten Nachbarn Russland immer noch die kürzeste ist. Wenn es um Stärkung der Energiesicherheit gehe, mache die EU-Kommission oft das Gegenteil des Nötigen, so OMV-Chef Rainer Seele.

Derweil knüpft die OMV neue Bande mit Russland. Zwar zieht sich der Asset-Swap (Tausch von Vermögenswerten) mit Gazprom, der einen Zugang zu einem russischen Gasfeld beinhaltet, hin. Dafür wurde eine Absichtserklärung mit dem Gazprom-Ölkonzern Gazprom-Neft unterzeichnet, die auf eine Langzeitkooperation abzielt. Deren erster Schritt: die Prüfung gemeinsamer Projekte in ausgewählten Öllagerstätten im Iran. Auch wurde die Absicht erklärt, „koordinierende Aktivitäten zur Entwicklung der Gasinfrastruktur“ zu setzen. Gemeint ist der Ausbau der österreichischen Gasinfrastruktur für mehr russischen Gastransit nach Zentral- und Südosteuropa. Die Russen investierten nicht in das österreichische Netz, würden aber mehr Gas durchliefern, so Seele im Gespräch mit der „Presse“.

AUF EINEN BLICK

Beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg hielten die zahlreich erschienen Politiker aus der EU zwar an den Sanktionen fest, aber gleichzeitig sucht man nach Lösungen. Auch Kanzler Kern war angereist und traf den russischen Präsidenten, Wladimir Putin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2017)

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