Ronaldos Tore, Marcelos Abwehr, Zidanes Plan, die erste Titelverteidigung in der Champions League, gelingt.
Real Madrid wird als erster Verein den Titel in der Champions League verteidigen. Woran AC Milan (1995), Ajax (1996), Juventus (1997) und Manchester United (2009) gescheitert waren, ist für das Starensemble rund um Cristiano Ronaldo heute in Cardiff das einzige Ziel. Der Klub wartet mit seiner eigenen Statistik gegen den „Fluch der Titelverteidiger“ auf. Das Weiße Ballett steht zum sechsten Mal im Endspiel der Königsliga, die Königlichen haben alle fünf vorangegangenen Finali gewonnen. Zudem: Die Champions League ist eine spanische Angelegenheit. Neun Siege, zuletzt drei in Folge, feierten Barcelona und Real (elf insgesamt mit Cup der Landesmeister).
Die Mannschaft von Zinédine Zidane hat eine beeindruckende Saison abgeliefert, erstmals seit 2013 auch wieder die spanische Meisterschaft gewonnen. Das hat mehrere Gründe – etwa die Torausbeute von Weltfußballer Cristiano Ronaldo (zehn diese Saison; 103 in der CL, 404 für Real insgesamt), Marcelos grandiosem Abwehrspiel auf der für Brasilianer traditionell linken Seite, den Pässen von Modrić und Isco oder Benzemas unaufhaltsamer Raumeroberung im Strafraum –, letztlich aber ist es vor allem der Ruhe geschuldet, die Zidane seinen Spielern aufgeprägt hat. Sie wirken nicht mehr so verbissen, man lacht wieder bei Real.
Sieg in der Geburtsstadt
„Zizou“ hat als Aktiver alles gewonnen, was der Fußball zu bieten hat, binnen weniger Monate (seit Jänner 2016) triumphierte er als Trainer mit Europacupsieg, Klub-WM, Supercup und La-Liga-Titel. Dass er Geschichte schreiben wird mit der Titelverteidigung, passt optimal in sein Profil.
Cristiano Ronaldo, der beste Fußballer dieser Saison, wird mit seinem vierten CL-Triumph mit Clarence Seedorf gleichziehen, der Niederländer gewann viermal mit drei Klubs (Ajax, AC Milan, Real). Auch für Gareth Bale ist es ein besonderer Auftritt: Der mit 100 Millionen Euro Ablöse einst teuerste Fußballer wird zwar in seiner Geburtsstadt Cardiff auf der Bank Platz nehmen müssen, aber als dritter Spieler nach Nicolas Anelka (2000/Paris, Real) und Angelo Di Livio (1996/Rom, Juventus) „daheim“ gewinnen.
Real Madrid ist allerdings auch zum Siegen verdammt, Klubchef Florentino Pérez verlangt dazu noch Stars und Glamour. Am Freitag sickerte durch, dass der Milliardär 114 Millionen Euro bieten soll, um den Belgier Eden Hazard von Englands Meister Chelsea loszueisen.
Real spielt mit: Navas; Carvajal, Varane, Ramos, Marcelo; Casemiro; Modrić, Kroos; Isco; Benzema, Ronaldo.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2017)