Die Gurkenhauptstadt Österreichs

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Wien hat für eine Stadt recht viel Landwirtschaft – vor allem Wein und Gemüse.

Beim Wein hat es geklappt. Da ist es allgemein bekannt, dass die Bundeshauptstadt einiges zu bieten hat. Das ist nicht zuletzt jenen Winzern zu verdanken, die den Wiener Gemischten Satz vor rund zehn Jahren als neues Aushängeschild der Stadt auserkoren und diesen aktiv beworben haben. Und zwar nicht nur hierzulande, sondern auch international. So manches Restaurant in New York verkaufe mittlerweile mehr Wiener Gemischten Satz als Grünen Veltliner, hört man von ebendiesen Winzern stolz.

Das dürfte mit den Wiener Gurken, Erdäpfeln, Paradeisern oder Radieschen wohl nicht so gut klappen. Es liegt wohl auch nicht im Interesse der Produzenten. Ein bisschen mehr Bewusstsein für ihre Arbeit hingegen schon. Wien hat nämlich für eine Großstadt (sofern man sie als solche bezeichnen will) recht viele landwirtschaftliche Betriebe. 630 hat die Wiener Landwirtschaftskammer (mit Stand Jänner 2017, und inklusive Mehrfachnennungen) gezählt. Wobei sich der Großteil, nämlich 225 Betriebe, dabei um Gartenbau bzw. Gemüse kümmert. 148 Betriebe betreiben Weinbau. Die nächstgrößte Gruppe sind Ackerbaubetriebe mit 121 Vertretern, gefolgt von 22 Feldgemüsebauern, elf Tierhaltungsbetrieben, acht Obstbaubetrieben und zwei Forstbetrieben. Der Rest verteilt sich auf sonstige Betriebe, die sich etwa auf Spezialitäten konzentrieren.

„Die Anzahl der Betriebe nimmt generell ab, die Produktionsflächen nehmen zu. Die Betriebe werden also größer“, sagt dazu Robert Fitzthum, Geschäftsführer der Wiener Landwirtschaftskammer. Er freut sich vor allem über Neuzugänge wie kleinere Höfe, wie ihn die Familie Kaminek (siehe oben) betreibt, Winzer oder auch Produzenten von Spezialitäten, wie die Pilzzucht Hut & Stiel, bei der Speisepilze in einem Wiener Keller kultiviert werden. Auch das gehört zur Wiener Landwirtschaft dazu.


Hühner werden mehr. Tiere gibt es in Wien hingegen nur mehr wenige. „Der letzte große Schweinemäster hat vor 20 Jahren aufgehört“, so Fitzthum. „Wirtschaftlich bedeutende Viehhaltung gibt es in Wien nicht mehr.“ Stattdessen gibt es kleine Betriebe, die etwa spezielle Schweinerassen, ein paar Schafe oder Ziegen halten – oder auch Hühner. Die werden laut Fitzthum nämlich wieder mehr – wenn auch nicht in großem Stil, sondern vor allem für den Eigenbedarf oder vielleicht noch nebenerwerbsmäßig.

Ein Bereich, in dem Wien traditionell sehr stark ist, ist neben dem Weinbau der Gemüseanbau. 63.215 Tonnen Gemüse wurden in Wien im Jahr 2015 produziert, davon 25.146 Tonnen Gurken und 19.782 Tonnen Paradeiser. Wien gilt also nicht umsonst als die Gurkenhauptstadt Österreichs. Sechs von zehn heimischen Gurken stammen aus der Bundeshauptstadt. Wobei dazu weniger idyllische Biohöfe beitragen als große Betriebe. Im Gemüseanbau ist man längst von Freilandproduktion auf Unterglas- bzw. Folientunnelproduktion umgestiegen, die mehrmals im Jahr beerntet werden kann. 40 Prozent der österreichischen Gewächshausflächen befinden sich in Wien.

Klassische Bauernhöfe sind also in der Stadt eher selten, was auch an der Aufteilung der Arbeitskräfte deutlich wird. Nur 25 Prozent der Arbeitskräfte sind Familienangehörige.

Und noch etwas fällt auf: Die biologisch bewirtschafteten Betriebe werden auch in Wien – ebenso wie im gesamtgesellschaftlichen Trend – mehr. Rund 25 Prozent der Betriebe sind Bio-Betriebe. Auch beim Wein werden 24 Prozent der Flächen biologisch bewirtschaftet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2017)

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