Die zwei Wirte vom Strandcafé: Glücksethik der Sommerfrische

Idyllische Kulisse: Peter und Kathi Beuchel im Ausseer Strandcafé.
Idyllische Kulisse: Peter und Kathi Beuchel im Ausseer Strandcafé.(c) Samir H. Köck
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Kathi und Peter Beuchel haben das Strandcafé in Altaussee zum Treffpunkt gemacht – von Wanderern bis zum niederländischen Königshaus.

„Ich versteh gar nicht, dass es Leute gegeben hat, die sich freiwillig in Altaussee angesiedelt haben. Schriftsteller, Komponisten, Komödianten, dieses ganze Gesindel hat sich dort angekauft. Kaum haben die Leute Geld, kaufen sie sich diese alten, scheußlichen Häuser und gehen in Dirndlkleidern herum und in Lederhosen“, ließ Sprachmonomane Thomas Bernhard in seinem Stück „Elisabeth II“ über Altaussee schimpfen. Persönlich war er ja nicht gerade als Genussmensch verschrien, keiner, der wie Friedrich Torberg Altaussee als „schönste Sackgasse der Welt“ anschmachten wollte.

Peter Beuchel, der gemeinsam mit seiner Frau Kathi das direkt am See situierte Strandcafé betreibt, definiert diesen fast zu idyllischen Flecken Erde über all das, was er nicht hat. „Wir haben keine Straße um den See, keine Disco, keine Busse. Der Besucher wird auf sich selbst zurückgeworfen. Das ist das Wertvolle.“ Und so nennen die Beuchels ihre zum Strandcafé zugehörigen Apartments mit gutem Recht „Hideaways“. Der Blick auf die mächtige Trisselwand lässt Ehrfurcht vor der Natur aufkommen. Der See mit seinen sich im Minutentakt verändernden Lichtverhältnissen ist von gemütsaufhellender Wucht.

„Wer nix wird, wird Wirt“

Ja, hier lässt es sich ideal aus dem Hamsterrad springen, das die Karriere vorgibt. Wer, wenn nicht die Beuchels wüssten es besser. Im Jahr 2008 stand das von Peter Beuchels Großvater in den Fünfzigerjahren gegründete Haus leer. „Da läuteten bei uns die Alarmglocken“, erinnert sich Kathi Beuchel. Auch der in Altaussee aufgewachsene Peter, damals in der Papierindustrie tätig, begann mit dem Gedanken zu liebäugeln, auszusteigen. Im Nachsinnen über den berühmten Spruch „Wer nix wird, wird Wirt“ gerät er ins Schmunzeln.

„Meine Karriere ist eine besonders bescheidene“, meint der Aussteiger. „Zuerst war ich Betriebswirt, jetzt bin ich nur mehr Wirt. Ich bin happy, nach dem Studium die Corporate World kennengelernt zu haben, aber noch glücklicher darüber, dass ich sie wieder verlassen habe.“ Den Anstoß dazu gab ihm seine Gattin Kathi, die einfach ins kalte Wasser sprang – 2008 war das. „Ich dachte mir, ich bin eh mit den Kindern im Sommer da, sperr einfach auf und verkaufe Kaffee und Kuchen. Ich holte mir einen Koch und drei Kellner und dann sind wir mal sieben Wochen gelaufen wie die Wiesel.“ Und ein Jahr später war dann Peter auch voll dabei.

Seither ist viel passiert. „Wir haben die Achtzigerjahre rausgekletzelt und dem Haus eine Fünfzigerjahre-Anmutung gegeben. Das lockt vor allem die Wiener. 70 Prozent unserer Gäste kennen wir.“ Und trotzdem ist die soziale Durchmischung im Strandcafé gegeben. „Das Spektrum reicht da von lustigen Wanderern bis zur internationalen Hautevolée.“ Zuletzt machten Angehörige des niederländischen Königshauses für ein paar Tage im Strandcafé Halt. Und auch so manchen Scheich zog es schon an die smaragdgrünen Gestade.

„Dem Strandcafé eilt ein Ruf voraus“ – sagten unlängst Gäste, „das hat mich gerührt“, sagt Peter. Die beiden lieben es einfach, Gastgeber zu sein. „Hospitality ist eine Sache, die sich immer weiterentwickeln lässt.“ Der ethische Hintergrund eines solchen, auf Qualität setzenden Hauses, ist die Fürsorge. Sie besteht darin, dem Gast dabei zu helfen, ohne jede Verrenkung glücklich zu sein. Das Paar ging bei der Entwicklung des Konzepts von den eigenen Bedürfnissen aus.

Überschaubare Karte

„Basis für unser Wirken ist das, was wir selbst gerne haben. Ein aromatischer Kaffee, ein gutes Glas Wein und Essen aus der Region, das nicht überkandidelt ist. Bodenständige, bürgerliche Küche – so würde ich das bezeichnen.“ Die Karte ist von nachgerade idealer Überschaulichkeit. „Die Idee der Reduktion ist ganz wesentlich in einer Zeit, in der viele glauben, überall alles anbieten zu müssen.“

In den sechs Apartments des Hauses hat Kathi mit sensibler Hand für das richtige Gleichgewicht aus Bewahren und Verändern gesorgt. Dass man eines Tages das Schicksal von Hallstatt teilen könnte, das ja bekanntlich vor einigen Jahren in China spiegelverkehrt neu gebaut wurde, erschüttert die Seelenruhe der Beuchels nicht im Geringsten. Unisono sagen sie: „Wir könnten damit leben.“

Auf einen Blick

Das Strandcafé am Altausseer See wird betrieben von Kathi und Peter Beuchel. Jeden Donnerstag spielt die Grundlseer Geigenmusi auf, ab 10. Juli gibt es jeden Montag den „Jazz an einem Sommerabend“ mit dem Ausseer Swingtrio von Peter Kölbl.

Die Saison läuft von Anfang Mai bis Ende September. Die Höhepunkte des Jahres sind das Narzissenfest im Mai, das Saiblingsfest (23. Juni), Berge in Flammen (12. August), der Altausseer Kirtag (2. bis 4. September) und die musikalische Herbstwanderung (24. September).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2017)

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