Rund um negativ bewertete Zinstauschgeschäfte des Landes stehen heute auch Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden und Ex-Landesfinanzreferent Othmar Raus vor dem Richter.
Salzburg. Was wurde aus dem Salzburger Finanzskandal? Während in der eigentlichen Causa, den Spekulationsgeschäften des Landes Salzburg in exotischen Währungen und hochriskanten Derivaten, nach wie vor Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermitteln, stehen in einem Teilbereich rund um sechs Zinstauschgeschäfte ab Dienstag sieben Angeklagte vor Gericht. Und erstmals muss sich nicht nur Monika Rathgeber, die ehemalige Leiterin des Budgetreferats des Landes und Schlüsselfigur im Finanzskandal, vor einem Schöffensenat verantworten.
Geschäfte ohne Gegenleistung
Mit Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und seinem Parteikollegen, dem früheren Landesfinanzreferenten Othmar Raus, stehen im Zuge der juristischen Aufarbeitung des Finanzskandals erstmals auch ein aktiver und ein ehemaliger Politiker vor dem Richter. Insgesamt nehmen am Dienstag sieben Beschuldigte wegen des Vorwurfs der Untreue bzw. der Beihilfe zur Untreue auf der Anklagebank Platz. Neben Rathgeber, Schaden und Raus sind der ehemalige Leiter der Finanzabteilung des Landes, Eduard Paulus, der städtische Finanzdirektor, der heutige Magistratsdirektor damals Sekretär des Bürgermeisters sowie ein Mitarbeiter des Budgetreferats des Landes angeklagt.
Inhaltlich geht es um sechs ins Minus gerutschte Zinstauschgeschäfte, die die Stadt Salzburg am 11. September 2007 ohne erkennbare Gegenleistung an das Land Salzburg übertragen hat. Dadurch ist dem Land und damit dem Steuerzahler laut Anklageschrift ein Schaden von 4,9 Millionen Euro entstanden. Laut Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic wollte die Stadt die verlustreichen Papiere ohne großes Aufsehen loswerden. Der Ankläger geht von einer politischen Absprache zwischen Schaden und Raus aus, die Beamtenebene hat den Deal umgesetzt.
Rathgeber und ihre Mitarbeiter hätten ihre Befugnis zum Abschluss von Finanzgeschäften wissentlich missbraucht, lautet ein Vorwurf. Die anderen Beschuldigten haben als Bestimmungs- bzw. Beitragstäter wissentlich dazu beigetragen. Anschuldigungen, die die Angeklagten vehement bestreiten. Die erfolglosen Geschäfte hätten laut Staatsanwaltschaft geheim gehalten werden sollen, es habe eine „Sprachregelung“ gegeben, um keinen Staub aufzuwirbeln.
Wahlkampf bei Verurteilung
Im Fall einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu zehn Jahre Haft. Doch der Prozess ist nicht nur strafrechtlich brisant. Auch politisch hat das Verfahren Sprengkraft. Schließlich müsste Schaden im Fall einer Verurteilung in erster Instanz sein Amt zurücklegen. Der 63-Jährige ist seit 1999 Bürgermeister der Stadt Salzburg. Ein Urteil könnte es im Spätsommer oder Herbst geben. Deshalb bereiten sich in der Stadt die Parteien langsam auf einen möglichen Wahlkampf vor, auch wenn der nächste reguläre Urnengang erst im März 2019 ansteht.
Laut Wahlordnung kann ein Nachfolger eines Bürgermeisters ein Jahr vor der Wahl das Amt übernehmen. Scheidet jemand früher aus, muss es eine Direktwahl des Bürgermeisters geben. Und das würde besonders die SPÖ auf dem falschen Fuß erwischen. Mit Bernhard Auinger, der sich ein bisschen im Stil Christian Kerns inszeniert, haben die Sozialdemokraten ihren Kandidaten längst gekürt. Aber mit der seit Februar rechtskräftigen Anklage gegen den amtierenden Bürgermeister hat die SPÖ einen Klotz mit ungewissem Ausgang am Bein.
Dazu kommt, dass Auinger bei einer vorgezogenen Direktwahl im Herbst wenig Gelegenheit hat, seine Bekanntheit zu erhöhen. Jedenfalls rüsten einige Parteien für die nächsten Wahlen. Die FPÖ hat etwa ihr Spitzenteam schon vorsorglich nominiert. Der Prozess ist vorerst bis 28. Juli angesetzt. Doch angesichts der vielen Zeugen und Beweisanträge könnte es auch länger dauern, bis ein Urteil ergeht.
In Kürze
Chronologie: Im Dezember 2012 war bekannt geworden, dass das Land Salzburg über Jahre mit hochriskanten Wertpapieren und Währungen spekuliert hatte. Das führte 2013 zu Neuwahlen, die die SPÖ unter Landeshauptfrau Gabi Burgstaller verlor. Die ÖVP bildete eine Koalition mit den Grünen. Der Schaden beläuft sich auf rund 350 Millionen Euro.
Prozess: Im Zuge der juristischen Aufarbeitung steht heute auch Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (Bild) als Beschuldigter vor Gericht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2017)