Leichtfried an Kurz: "Haben erlebt, wie Schwarz-Blau reduziert hat"

Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ)
Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Infrastrukturminister glaubt nicht an die vom ÖVP-Chef angekündigten Einsparungen von zwölf bis 14 Milliarden Euro pro Jahr. Auch die "Agenda Austria" ist skeptisch.

Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) glaubt nicht an die von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz angekündigte Steuerreform mit Einsparungen von zwölf bis 14 Milliarden Euro. "Es werden vielleicht ein paar hundert Millionen sein", so Leichtfried am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz. Klar sei jedenfalls, dass die Einschnitte alle Österreicher zu spüren bekommen würden. "Wir haben im Sozialbereich ja erlebt, wie Schwarz-Blau reduziert hat", spielte er auf die ÖVP-FPÖ/BZÖ-Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) an. Und er erinnerte an die Einsparungen bei der Zahl der Polizisten seinerzeit. Des weiteren warnte er vor Verschlechterungen bei der Öffi-Versorgung. Leichtfried würde hingegen lieber bei der Bürokratie und bei Doppelgleisigkeiten zwischen Ländern und Bund sparen.

Ebenfalls skeptisch äußerte sich am Dienstag „Agenda Austria"-Leiter Franz Schellhorn im Ö1-„Morgenjournal": Die Gegenfinanzierung würde „mehrere Jahre" dauern und mehr Maßnahmen erfordern als von Kurz angeführt. Letzterer kündigte ein detailliertes Konzept für September an. Freilich wäre es aus Sicht des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria wünschenswert, eine so große Steuerreform umzusetzen. Allerdings: „Alle Länder, die es geschafft haben, die Steuer- und Abgabenquote zu drücken, haben das über Ausgaben hingekriegt“, so Schellhorn. Daher: „Das Ausgabenwachstum zu bremsen wäre wahrscheinlich das Ziel, über die Mindestsicherung und die Förderungen allein wird es wahrscheinlich nicht gehen.“

Kurz hat zur Frage der Gegenfinanzierung nur gesagt, dass die Zuwanderung ins Sozialsystem gestoppt, das Fördersystem überarbeitet sowie Steuerbetrug und Missbrauch öffentlicher Subventionen stärker bekämpft werden müssen. Er möchte die Steuer- und Abgabenquote von derzeit 43 auf mindestens 40 Prozent senken - und zwar mit einer jährlichen Steuerentlastung von zwölf bis 14 Milliarden Euro, von denen er den „Löwenanteil" den Arbeitnehmern verheißt. Dieses Volumen würde bei weitem das der Steuerreform 2016 übersteigen: Diese Tarifreform wurde mit 5,2 Milliarden Euro beziffert - und von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), die sie 2015 ausverhandelten, als die "größte Entlastung der Zweiten Republik" gefeiert.

Es zeige sich aber, stellte Agenda Austria in einer Studie über die Effekte fest, dass die Entlastungen nicht ganz so hoch ausfallen dürften: Laut Berechnungen des Wifo hätten sie - netto, also abzüglich aller neu eingeführten Steuern - 2016 rund 1,4 Milliarden Euro betragen, für heuer werde mit 1,8 Milliarden Euro gerechnet.

"Bürger nicht schlechter stellen als die Parteien"

Handlungsbedarf ortet Schellhorn „generell bei der Steuern- und Abgabenlast für die, die Vollzeit arbeiten, die voll einzahlen“. Hier sei „der Keil zwischen Arbeitskosten und Nettolöhnen der zweithöchste in Europa – nach Belgien“. Angesprochen auf die Kalte Progression meinte Schellhorn, das sei ein Thema, bei dem seitens der Agenda Austria stets ersucht werde, die Regierung „zu treiben“, damit sie „endlich dazu übergeht die Bürger nicht schlechter zu stellen als die Parteien“. So würden die Parteienförderungen automatisch an die Inflation angepasst, „das sollte man auch bei den Steuertarifen machen“.

>>> Schellhorn im Ö1-"Morgenjournal"

(APA/Red.)

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