Selbstmordattentäter sprengten sich in Teheran in die Luft

Ein iranischer Polizist im Parlament in Teheran.
Ein iranischer Polizist im Parlament in Teheran.APA/AFP/FARS NEWS/OMID VAHABZADE
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Bewaffnete Gruppen drangen in ein Parlamentsgebäude und ins Khomeini-Mausoleum ein, drei Attentäter zündeten Sprengstoffgürtel. Mehrere Menschen kamen ums Leben. Der IS hat sich zu den Taten bekannt.

Die iranische Hauptstadt Teheran ist am Mittwoch Ziel einer Serie von Anschlägen geworden. Bei den offenbar koordinierten Angriffen auf das Parlament im Zentrum von Teheran und das Mausoleum von Ayatollah Khomeini südlich der Stadt wurden zwölf Menschen getötet, drei Attentäter sprengten sich in die Luft. Die radikal-islamische IS-Miliz reklamierte die Attentate für sich, die Iranischen Revolutionsgarden haben Vergeltung angekündigt.

Sollte sich bestätigen, dass der IS hinter den Attentaten steckt, wäre es der erste Anschlag der sunnitischen Extremisten im Iran, der sich als Schutzmacht der Schiiten versteht. Die beiden Attentate ereigneten sich fast gleichzeitig am Mittwochmorgen. Ein drittes sei vereitelt worden, erklärte das Geheimdienstministerium. Eine "Gruppe von Terroristen", die einen dritten Anschlag geplant habe, sei festgenommen worden. Weitere Details nannte das Ministerium nicht.

Mindestens eine Frau

Der Angriff im Parlament endete erst nach fünfstündigen Schusswechseln zwischen der Polizei und den Angreifern. Das IS-Sprachrohr Amaq veröffentlichte ein Video der Angreifer aus dem Parlament, während der Angriff noch lief. Die Polizei teilte am Nachmittag mit, alle Attentäter seien getötet worden. Laut den Rettungskräften wurden insgesamt zwölf Menschen von den Attentätern getötet und 39 weitere verletzt.

Zwei Gruppen aus jeweils vier bis fünf Angreifern hatten am Vormittag den Parlamentskomplex im Stadtzentrum und das Mausoleum des Staatsgründers in der Ebene südlich von Teheran gestürmt. Dabei wurden Medienberichten zufolge unter anderen ein Wachmann im Parlament sowie ein Gärtner im Mausoleum getötet.

Zwei Attentäter, darunter mindestens eine Frau, sprengten sich am Grabmal in die Luft. Ein weiterer Angreifer zündete seinen Sprengstoffgürtel in einem Bürogebäude des Parlaments, wo sich die Angreifer verschanzt hatten. Über Stunden waren Schüsse im Parlament zu hören, bevor die Polizei zum Sturm auf die Angreifer ansetzte.

Regelmäßig Angriffe auf Schiiten

Die IS-Miliz hatte dem überwiegend schiitischen Iran wiederholt mit Angriffen gedroht. Im März veröffentlichte die sunnitische Extremistengruppe ein Video auf Persisch, in dem sie drohte, den Iran zu erobern und "der sunnitischen muslimischen Nation zurückzugeben". Wie andere sunnitische Extremisten betrachtet die IS-Miliz Schiiten als Ungläubige und verübt regelmäßig Anschläge gegen sie.

Das IS-Sprachrohr Amaq meldete am Mittwoch, "Kämpfer" der IS-Miliz hätten die Anschläge auf das Parlament und das Mausoleum verübt. Erst am Sonntag hatte Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei im Mausoleum bei einer Kundgebung zum 28. Todestag Khomeinis dem Westen eine verfehlte Strategie gegen Jihadisten vorgeworfen.

Der Anschlag ereignete sich, während die Abgeordneten gerade eine Sitzung im Parlament abhielten. Fernsehbilder zeigten, wie die Parlamentarier ungerührt ihre Debatte fortsetzten. Parlamentspräsident Ali Larijani bezeichnete die Angriffe als "nebensächliche Angelegenheit" und zeigte sich überzeugt, dass die Sicherheitskräfte damit fertig werden würden.

Krisensitzung des Sicherheitsrats

Die Nachrichtenagentur FARS veröffentlichte Bilder, wie sich eine Attentäterin vor dem Mausoleum in die Luft sprengt. Im Internet kursierten Bilder eines abgetrennten Kopfes, der angeblich einem der Attentäter gehörte. Das Geheimdienstministerium erklärte, eine dritte Gruppe von "Terroristen" sei vor den Angriffen ausgeschaltet worden.

Eine große Menge von Sicherheitskräfte riegelten das Parlament im Stadtzentrum und das Grabmal ab, das am Rande der Autobahn zur Theologenstadt Ghom in der Ebene südlich von Teheran liegt. Teile der Metro von Teheran wurden geschlossen, und Innenminister Abdolrahman Fasli berief eine Krisensitzung des Sicherheitsrats ein.

Die schiitische Regionalmacht unterstützt im syrischen Bürgerkrieg Machthaber Bashar al-Assad sowie schiitische Milizen im Irak. Dass es im Iran bisher nicht zu größeren IS-Anschlägen kam, führen Experten unter anderem auf die scharfe Überwachung der iranischen Gesellschaft durch den Geheimdienst zurück.

Regionalmacht Iran

Der schiitische Geistliche Khomeini hatte 1979 die Islamische Revolution im Iran nach dem Sturz von Schah Reza Pahlavi angeführt und das Land zu einer Islamischen Republik umgestaltet. Der erst im Mai wiedergewählte Präsident Hassan Rouhani bemüht sich um Reformen in dem Land, in dem Khomeinis Nachfolger, Ayatollah Ali Khamenei, als geistliches und politisches Oberhaupt letztlich das Sagen hat.

Rouhani hatte sich mit großer Mehrheit gegen die Kandidaten der konservativen Geistlichkeit und der mächtigen Revolutionsgarden durchgesetzt, die für die nationale Sicherheit sorgen sollen. Für Rouhani seien die Anschläge ein Rückschlag, verlautete aus Regierungskreisen. Die Stimmung sei angespannt, sagte ein Insider. "Wie können es vier bewaffnete Männer schaffen, in das Parlament einzudringen, wo es immer sehr hohe Sicherheitsvorkehrungen gibt?"

Der Iran spielt auch eine Rolle in der gegenwärtigen Krise um den Golfstaat Katar. Das sunnitische Saudi-Arabien, Irans Erzfeind, und weitere arabische Staaten haben die diplomatischen Beziehungen zu Katar gekappt und werfen dem Land vor, Terroristen und den Iran zu unterstützen, was die Regierung in Doha zurückweist. Der Iran sieht sich als eigentliches Ziel des Vorstoßes der arabischen Staaten und die USA als Strippenzieher, zumal der Bruch mit Katar rasch auf den Besuch von US-Präsident Donald Trump in Saudi-Arabien folgte. Bei dieser Visite hatte Trump insbesondere den Iran angegriffen und erklärt, das Land habe den Terror und Konflikte zwischen den Religionsgemeinschaften angefacht.

(APA/Reuters/AFP)

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