Rathgeber: "Er sagte, wir sollen unterschreiben, er unterschreibt nicht"

Monika Rathgeber
Monika Rathgeber APA/FRANZ NEUMAYR
  • Drucken

Der früheren Salzburger Budgetreferatsleiterin wird Untreue vorgeworfen. Sie will auf Anweisung ihres einstigen Abteilungsleiters gehandelt haben.

Am zweiten Tag des mittlerweile dritten Strafprozesses im Salzburger Finanzskandal um einen dubiosen Swap-Deal der Stadt mit dem Land Salzburg mit einem angeklagten Schaden von rund 4,9 Millionen Euro ist am Mittwoch die geständige Erstangeklagte Monika Rathgeber einvernommen worden. Sie betonte, dass sie keine Absicht hatte, dem Land einen Schaden zuzufügen.

Der ehemaligen Budgetreferatsleiterin des Landes wird Untreue vorgeworfen. Sie habe die Übertragung der sechs Derivate durchgeführt, obwohl es keine finanzielle Gegenleistung der Stadt für die Übernahme der negativen Barwerte gab. Bereits gestern erklärten ihre Anwälte Herbert Hübel und Thomas Payer, Rathgeber bekenne sich schuldig. Rathgeber habe allerdings auf Anweisung ihres ebenfalls angeklagten Abteilungsleiters Eduard Paulus gehandelt. Die Weisung zur Übertragung sei zudem auf politischer Ebene zwischen den beiden mitangeklagten Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und Ex-Landeshauptmann-Stellvertreter Othmar Raus (SPÖ) vereinbart worden.

"Die Weisung selbst war ja der geringere Schaden"

Rathgeber erklärte heute, dass sie zum Übertragungszeitpunkt am 11. September 2007 von einer Rechtmäßigkeit der Übernahme der Derivate ausgegangen und der Meinung gewesen sei, dass die Geschäfte mit den Richtlinien des Landes gedeckt gewesen seien. "Wir wollten die Geschäfte aber nicht haben." Für sie sei die Übernahme des Portfolios der Stadt nicht problemlos gewesen.

Eine Gegenleistung bestand aus ihrer Sicht darin, dass mit der Übertragung des Portfolios der Stadt ein unmittelbar drohender Schaden für das Land abgewendet werden konnte. Sie habe befürchtet, dass, falls die seitens der Stadt angedrohten Klagen von Banken tatsächlich erfolgen würden, durch den Reputationsverlust höhere Zinsausgaben für das Land entstehen würden. Mit der Übernahme habe sie das verhindern wollen. Zudem verzichtete die Stadt in Zukunft auf Derivatgeschäfte, das habe sie mit dem (mitangeklagten) Sachbearbeiter der Stadt geklärt. "Die Weisung selbst war ja der geringere Schaden", betonte Rathgeber. Der Sachbearbeiteter habe ihr erklärt, es werde deshalb eine Klage überlegt, weil die Stadt von den Banken nicht ausreichend über das Risiko der Geschäfte aufgeklärt worden sei.

Die Angeklagte schilderte etwas aufgeregt, dass sie wütend gewesen sei, als Paulus am 28. August 2007 ins Büro gekommen sei und ihr und ihrem (mitangeklagtenlagten) Mitarbeiter erklärte, das Portfolio der Stadt "übernehmen wir jetzt." Dass der Barwert der Geschäfte damals über minus fünf Millionen Euro betragen habe, hätten Paulus, der Mitarbeiter, der Sachbearbeiter in der Stadt, die Deutsche Bank und sie selbst gewusst. "Paulus sagte, wir sollen das unterschreiben, er unterschreibt nicht." Er habe weiters gesagt, dass dies ein politischer Auftrag sei. "Er hat gewusst, dass es nicht von uns aus gewollt war, sondern wir das zu übernehmen hatten", sagte die Angeklagte. Sie selbst habe keine Wahrnehmung über eine Schaden-Raus-Vereinbarung.

Um Unterstützung bei Verhandlungen gebeten

Rathgeber erzählte weiters, dass sie der städtische Sachbearbeiter im Mai oder Juni 2007 angerufen und ihr erzählt habe, dass sich der Bürgermeister über die Derivate fürchterlich aufgeregt habe und keine Umstrukturierungen mehr wolle. "Er erzählte mir von 200.000 Euro hohen Zinszahlungen und dass die Stadt die Banken klagen möchte." Sie habe dann Paulus informiert und ihn gebeten, die Stadt bei Verhandlungen mit den Banken zu unterstützen, damit es zu keinen Klagen komme, sagte Rathgeber. Wie hoch im Minus die Barwerte waren, habe sie am 10. August 2007 bei einer Besprechung mit Paulus erfahren. "Da bin ich aus allen Wolken gefallen."

Die Übertragung habe die Stadt vorbereitet, der Sachbearbeiter in der städtischen Finanzabteilung habe ihr die Unterlagen übermittelt. Mit der Unterzeichnung sei die Sache für sie gegessen gewesen. "Wir übernehmen die ganze Geschichte", erzählte Rathgeber. Paulus selbst habe die Übernahme nicht unterzeichnet. "Das ist eine Sauerei. Jetzt sitzen wir zwei da", verwies Rathgeber auf sich selbst und ihren Mitarbeiter. Sie habe auch nicht zu Paulus gesagt, sie wolle die Derivate übernehmen, antwortete sie auf Nachfrage der vorsitzenden Richterin Anna-Sophia Geisselhofer.

Paulus habe auch gewusst, dass das Land seit 2004/05 keine risikoreichen CMS Spread Swaps mehr abschließe. Doch bei fünf der sechs Derivate im Portfolio der Stadt habe es sich um solche Zinstauschgeschäfte gehandelt. Sie habe dann die Swaps glattgestellt bzw. aufgelöst, mit Ausnahme eines bereits mehrfach umstrukturierten Barclays-Swaps, der stark ins Minus gelaufen sei. Dabei habe es sich fast um einen reinen Kredit gehandelt. Es sei besser gewesen, den Swap über mehrere Jahre umzuwandeln, sodass sich das Chancen-Risiko-Profil ändert. Rathgeber hat ihren Angaben zufolge auch versucht, noch eine finanzielle Gegenleistung von der Stadt zu holen. Sie habe den Auflösungspreis von zwei Swaps in Höhe von rund 188.000 Euro und rund 500.000 an den Sachbearbeiter der Stadt gemailt. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", seufzte sie.

Rathgebers Kollege nicht geständig

Der wegen Untreue angeklagte Mitarbeiter von Rathgeber hat sich am Mittwochnachmittag nicht schuldig bekannt. Er habe zwar die Übertragung der Swaps auf das Land mit den Banken unterzeichnet, dies sei aber aufgrund einer Weisung geschehen, sagte er. Die Übertragung der Derivate sei politisch vereinbart gewesen, das sei ihm von Rathgeber und Abteilungsleiter Eduard Paulus so kommuniziert worden. "Und Sie sind dem ziemlich kritiklos gegenüber gestanden?", fragte die vorsitzende Richterin. "Ja, im Nachhinein betrachtet. Es war eine politische Vereinbarung, deshalb habe ich das nicht hinterfragt", so der Beschuldigte. Er glaube, dass es eine solche Vereinbarung zwischen  Schaden und Raus gegeben habe.

Eine Veranlassung sich zu wehren, habe er nicht gesehen, sagte der Zweitangeklagte. Er sei nicht davon ausgegangen, dass durch die Übernahme des Portfolios der Stadt ein Schaden für das Land entstehen könne. Denn zum Zeitpunkt der Übertragung seien keine Geldmittel geflossen. In der Kameralistik sei ja nur der Cashflow entscheidend, die Swaps hingegen seien über einen längeren Zeitraum gelaufen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Einmal Gericht und retour: Gaby Burgstaller kam mit dem Fahrrad.
Innenpolitik

Swap-Prozess: Burgstaller wusste von nichts

Die ehemaligen Salzburger SPÖ-Politiker Gabi Burgstaller und David Brenner waren am Dienstag im Prozess um Bürgermeister Schaden als Zeugen am Wort.
David Brenner
Innenpolitik

Brenner im Swap-Prozess: "Wollte korrektes Verhältnis zum Bürgermeister"

Salzburgs Ex-Finanzreferent meinte vor Gericht, dass die Übertragung des Portfolios an das Land bei seiner Amtsübernahme zu jenen Informationen zählte, die für ihn damals keinen besonderen Bedeutungswert hatte.
Burgstaller kam mit dem Fahrrad zum Gerichtstermin
Innenpolitik

Gespräch über "faule Papiere"? Burgstaller im Zeugenstand

Salzburgs Ex-Landeshauptfrau hat als Zeugin im Finanzskandal-Prozess ausgesagt und bestritt dort, Gespräche über "faule Papiere" geführt zu haben. Olympia-Strategieberater Roth hält dagegen.
Richterin Anna-Sophia Geisselhofer
Innenpolitik

Finanzskandal-Prozess: Millionenverluste "unbemerkt" aufgebaut

Der Prozess wurde mit der Erörterung des gerichtlichen Sachverständigen-Gutachtens fortgesetzt. Einige Verteidiger störten sich dabei an dem fachspezifischen Vokabular.
Symbolbild
Innenpolitik

Finanzskandal-Prozess: "Hatte keine Entscheidungsbefugnis"

Da ein Laienrichter verschlafen hatte, konnte die Einvernahme des Ex-Sachbearbeiters der Salzburger Finanzabteilung erst mit Verspätung beginnen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.