"Der Titel? Ein Witz, wie schwer das ist"

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TOPSHOT-TENNIS-FRA-OPEN-MENAPA/AFP/ERIC FEFERBERG
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Dominic Thiem sieht sich in seinem Halbfinale gegen Rafael Nadal in der Außenseiterrolle. Vom großen Coup wagt er noch nicht zu träumen.

Auch nach seinem bisher größten Erfolg hat sich Dominic Thiem ruhig, ausgeglichen und souverän der internationalen Weltpresse präsentiert. Er werde jetzt nicht in Freudensprünge ausbrechen, schließlich sei er immer noch voll im Turniermodus. Gegen Nadal sieht sich der 23-Jährige trotz des Sieges in Rom als Außenseiter.

Die Emotionen direkt nach dem Matchball waren da freilich intensiver. Aber gar nicht so sehr, weil er nun endlich auch Novak Djokovic auf seiner Abschussliste hat. "Im Vordergrund war sicher die Freude, dass ich zum zweiten Mal in Folge hier das Semifinale erreicht habe. Ich hätte mich nicht weniger gefreut, wenn es gegen irgendjemand anderen gewesen wäre", versicherte Thiem im großen Interviewraum des Stadions Philipp Chatrier. "Aber es ist ein sehr nettes Nebengeräusch. Er war der letzte absolute Topspieler, den ich noch nicht geschlagen habe, das hat sich heute geändert."

Der größte Sieg seiner Karriere war es aber dennoch auch wegen des Schauplatzes und der Turnierphase. "Das war definitiv mein größter Sieg, weil es war der erste über einen Top-Ten-Spieler bei einem Grand Slam. Das ist natürlich ein großer Unterschied, weil es auf 'best of five' geht. Und es war ein Viertelfinale", meinte der Lichtenwörther.

Der Sieg sorgt auch in den sozialen Medien weltweit für Aufsehen, schließlich hat Thiem auf großer Bühne den Titelverteidiger aus dem Turnier genommen. "A new star is born" war da zu lesen: "Damit kann ich nicht viel anfangen", meinte der bescheidene Thiem lächelnd.

Auch Thiem sah natürlich den ersten Satz, aber auch die guten Starts in die Sätze zwei und drei als Schlüssel für seinen ersten Erfolg über Djokovic im sechsten Anlauf. Vor den beiden Satzbällen bei 5:4 im ersten Satz für den Serben sei ihm einiges durch den Kopf gegangen. "Da laufen sehr viele Szenarien ab im Kopf, auch was passiert, wenn man den Satz jetzt verliert. Aber es waren sicher einige Schlüsselmomente in dem Match. Das war einer davon und dann das lange, bisserl komische Tiebreak und Starts jeweils im zweiten und dritten Satz."

So richtig geglaubt habe er erst bei 3:0, 4:0 im dritten Satz, dass es tatsächlich klappen wird. "Da merkt man dann ein bisserl, dass er nicht mehr auf seinem Toplevel spielt. Aber gerade gegen solche Leute ist das halt so gefährlich, wenn man selbst nur ein bisserl nachlässt. Dann steht es sehr schnell wieder 4:4." Darum war Thiem besonders zufrieden, wie er trotz des Spielstands unbeirrt weitergespielt hat. "Ich habe es von Anfang bis zum Ende, obwohl ich klar vorne war, gut durchgespielt."

Der große Coup

Eine Frage durfte freilich nicht fehlen: Fühlt sich Dominic Thiem bereit, auch erstmals einen Grand-Slam-Titel zu holen? "Das ist eine harte Frage. Bisher habe ich im Match nach einem Sieg über einen Topspieler immer viel schlechter gespielt. Also ich hoffe, dass ich das verbessern kann", erklärte Thiem. Dennoch ist der Weg zum zweiten Major-Einzel-Titel eines Österreichers nach Thomas Muster 1995 noch ein sehr weiter. "Es ist ein Witz, wie schwer es ist, einen Slam zu gewinnen. Jetzt habe ich Novak geschlagen, am Freitag ist es Nadal und im Finale wartet noch ein Topstar. Deswegen ist es so schwer einen Slam zu gewinnen."

Nun wird Thiem am Freitag endlich auf dem größten Court Philippe Chatrier spielen, wo er erst einmal - 2014 ebenfalls gegen Nadal - gespielt hat. Obwohl Thiem der einzige Spieler in diesem Jahr ist, der Nadal auf Sand geschlagen hat, sieht er sich nicht als Favoriten. "Nein, ich sehe mich auf jeden Fall als Außenseiter. Das Match in Rom war sehr gut natürlich, aber ich habe dort ein bisserl über dem Limit gespielt habe und das wird so schnell kein zweites Mal aufgehen", glaubt Thiem. "Ich denke nicht, dass ich jetzt vor allem über drei Sätze jede Rückhand wegnageln kann. Es wird sicher anderes als in Rom."

Und was sagt eigentlich Nadal zum nächsten Gegner? "Thiem ist ein schwieriger Gegner. Ich hoffe, dass ich nicht verliere. Ich habe in Barcelona und Madrid gegen ihn gewonnen und in Rom verloren. Wir können jetzt Stunden über Statistiken reden, aber man muss sich auf das nächste Match konzentrieren", erklärte der 14-fache Major-Sieger.

Novak Djokovic traut Thiem den großen Coup jedenfalls zu: "Thiem ist einer der kommenden Stars. Er ist sehr hungrig, dich zu schlagen und seine Hände auf die Trophäe zu legen. Er hat eine wirklich gute Chance." Worte, die Thiem sehr freuen werden.

(APA)

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