Außenminister Kurz mischt sich derzeit kaum in die rot-schwarzen Streitigkeiten ein. Dass er zu wenig präsent sei, glaubt er nicht: "Ich bin die meiste Zeit da." In den sozialen Medien erntet er dafür Kritik wie Gratulationen.
Österreichs Noch-Koalitionspartner SPÖ und ÖVP üben sich derzeit im Austeilen von Unfreundlichkeiten. So kritisierte die Volkspartei die Sozialdemokraten, weil angeblich Tagesordnungspunkte nicht akkordiert wurden, die SPÖ hingegen wirft der ÖVP vor, konkret Wissenschaftsminister Harald Mahrer, die Bildungsreform „getötet“ zu haben. Abwesend bei all den verbalen Scharmützeln ist momentan Außenminister und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz – er besucht derzeit in seiner Funktion als OSZE-Vorsitzender Kiew. Mittwochabend zeigte er sich von dort per Liveschaltung in die ORF-Sendung „ZiB 2“ - und sorgt mit diesem Auftritt in den sozialen Medien für Gesprächsstoff.
Zunächst sorgte die starke Verzögerung der Tonspur für Verwunderung. Es dauerte mehrere Sekunden, bis die Antwort zu der Frage von Moderator Armin Wolf, warum Kurz derzeit mehr Zeit für seine ÖVP aufwende, aber wenig für die Regierungsarbeit, übertragen wurde. Dann antwortete Kurz „Was heißt keine Zeit für die Regierung? Ich bin Mitglied der Bundesregierung, habe ein Regierungsamt, das die Integrations-, die Außen- und die Innenpolitik beinhaltet, bin OSZE-Vorsitzender.“ Er verstehe nicht, „warum das immer ein Rosenkrieg sein muss“ und setze sich dafür ein, dass die bereits ausgemachten Projekte umgesetzt würden. Deshalb habe er auch den parteilosen Wolfgang Brandstetter als Vizekanzler eingesetzt.
Ob das nicht leichter ginge, „wenn Sie da wären?“, konterte Wolf, um wieder lange warten zu müssen: „Ich bin die meiste Zeit da, aber ein Außenminister hat auch die Verpflichtung unterwegs zu sein.“ Man könne ihm folglich nicht vorwerfen, dass einzelne Projekte nicht beschlossen würden, „weil ich heute einen Tag in der Ukraine bin“. Dass die lange verhandelte Schulreform es am Mittwoch nicht ins Parlament geschafft hatte, kommentierte Kurz mit der Hoffnung, dass „da noch etwas kommt“. In Summe glaube er, „dass die Dinge relativ leicht aufzulösen“ wären, würden „die Regierungsparteien an einem Strang ziehen und das einbringen, was wir verhandelt haben – dann können entweder die Grünen oder die FPÖ unterstützen“.
Angesprochen auf das von ihm – in groben Zügen – vorgestellte Vorhaben, dass er eine Steuerentlastung plane, im Zuge derer pro Jahr zwischen zwölf und 14 Milliarden Euro gespart werden sollen, meinte Kurz, er sehe genügend Möglichkeiten, diese zu finanzieren. Es sei aber „zunächst so abgelaufen, wie es in Österreich immer ablaufen muss“. Soll heißen: Es werde zuerst einmal „geht nicht“ gerufen. Experten hätten sein Vorhaben als ambitioniert, aber „absolut schaffbar“ bewertet. Das stimme ihn zuversichtlich. Außerdem: „Mit fällt fast täglich etwas auf, wo wir mehr Geld ausgeben als notwendig.“
Twitter-Reaktionen auf Kurz-Interview
In den sozialen Medien gibt es unterschiedliche Reaktionen auf das Kurz-Interview in der "Zeit im Bild 2". Puls4-Infochefin Corinna Milborn lobt den Außenminister für seinen "souveränen Auftritt".
Kritik kommt vom neuen Klubobmann der Grünen Albert Steinhauser:
Auch Neos-Chef Strolz übt via Twitter Kritik an Kurz:
Ironisch kommentiert Stefan Albin Sengl, Leiter des Bereichs "Strategie und Kommunikation" der Nationalrats-Wahlkampagne von Kanzler Kern, den Auftritt von Kurz:
>>> Liveschaltung von Kurz in der „ZiB 2“
(hell/mtp)