ÖVP: Erwin Pröll ist nun „Schirmherr“

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Mit dem ländlichen Raum kennt sich der frühere niederösterreichische Landeshauptmann aus. Er wird nun den diesbezüglichen Masterplan des Landwirtschaftsministers promoten.

Wien. Erwin Pröll ist wieder da – und zeigt sich gleich einmal selbstkritisch: Das menschliche Maß sei bei der Technik-Euphorie verloren gegangen. „Der Rechenstift hat das menschliche Bedürfnis verdrängt.“ Und überhaupt habe man zu lang versucht, das Dorf nach städtischen Maßstäben zu gestalten.

Es geht um den ländlichen Raum. Nicht dass Erwin Pröll, dem Landeshauptmann a. D., dieser in den vergangenen Jahrzehnten fremd gewesen wäre. Aber nun sei die Sehnsucht nach diesem wieder stärker erwacht, bei ihm, dem Bauernsohn, dem Absolventen der Universität für Bodenkultur, der im niederösterreichischen Bauernbund seine Karriere begonnen hat.

Was lag also näher, mag sich Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter gedacht haben, als Erwin Pröll, der nun ja auch wieder mehr Zeit hat, zum Schirmherren für seinen Masterplan für den ländlichen Raum zu machen. Beides wurde gestern Mittag im Landwirtschaftsministerium präsentiert: der (fast fertige) Masterplan, der im Sommer endredigiert werden soll, und Erwin Pröll als Schirmherr.

Bekanntlich wollte Erwin Pröll ja sogar eine eigene Akademie für den ländlichen Raum stiften. Daraus sei allerdings nichts geworden, erklärte er, „da das ins Auge gefasste Objekt nicht zu haben war“. Aufgrund von familiären Streitigkeiten habe derjenige, der das Gebäude dafür zur Verfügung stellen wollte, einen Rückzieher gemacht. Das sei dann letztlich auch der Grund für die Auflösung der Erwin-Pröll-Stiftung gewesen.

Weiter wollte er auf das heikle Thema nicht eingehen. Viel lieber sprach er davon, dass der ländliche Raum auch das Terrain für das Hintanhalten von Populismus, Radikalismus und letztlich auch Terrorismus biete. „Wer mit der Heimat auf Du und Du ist, will seiner Heimat auch nichts antun.“ Gerade die kulturelle Förderung sei auf dem Land außerordentlich wichtig – ob nun über das Musikschulwesen oder vielfältige museale Einrichtungen. Kulturpolitik sei lang als ein Vorrecht der Stadt verstanden worden – aber das sei falsch.

„Kreativität nicht googeln“

Die Digitalisierung habe die gesamte Geografie umgepflügt, so Pröll. So könne heute bei entsprechender Förderung auch die Kreativität auf dem Land auf Augenhöhe mit jener in der Stadt sein. Und diese sei entscheidend: „Wissen können Sie heute googeln. Aber Kreativität können Sie nicht googeln.“

Es gebe zwar nach wie vor einen Trend Richtung Stadt, befand Pröll. Aber immer noch würde der ländliche Raum 90 Prozent der Fläche Österreichs einnehmen, und zwei Drittel der Bevölkerung würden dort leben.

Und hier setzt dann auch der Masterplan von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter an: Er möchte die Landflucht und den damit verbundenen Braindrain eindämmen. Vor allem auch durch bessere Chancen für Frauen auf dem Land – mittels Kinderbetreuungseinrichtungen und Jobs. Dafür sollen Digitalisierung und Breitbandausbau vorangetrieben werden. Auch Bundesbehörden sollten von Wien in die Bundesländer übersiedelt werden. Und die Gesundheitsversorgung soll verbessert werden.

Für heuer und nächstes Jahr sind dafür fürs Erste einmal 175 Millionen Euro reserviert. Und würde das Kanzleramt nicht Förderungen in Brüssel liegen lassen, könnten es noch mehr sein.

Rupprechter will bleiben

Und was passiert eigentlich mit dem Masterplan, sollte Andrä Rupprechter beziehungsweise die ÖVP der nächsten Bundesregierung ab Herbst nicht mehr angehören? „Das ist eine rein hypothetische Frage“, meinte der Minister. Zudem sei jede Regierung gut beraten, seinen Masterplan zu übernehmen. Denn er gehe davon aus, dass jede Regierung danach trachten werde, den ländlichen Raum zu stärken. Mit ihm sei aber ohnehin weiter zu rechnen, sagte Rupprechter dann beim Abgang.

AUF EINEN BLICK

Der Masterplan für den ländlichen Raum sieht einen Schwerpunkt Digitalisierung und Breitbandausbau vor – auch um Firmen anzusiedeln. Davon – und auch von neuen und besseren Kinderbetreuungseinrichtungen – sollen vor allem Frauen profitieren, die derzeit lieber in die Stadt ziehen. Bundesbehörden sollen von Wien auf das Land übersiedelt werden. Auch in Kultur und bessere Gesundheitsversorgung soll investiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2017)

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