Der Konflikt zwischen den Erzrivalen hat sich erneut entzündet. Die Islamische Republik und das wahhabitische Königreich stehen sich in der Region als unerbittliche Kontrahenten gegenüber.
Kairo. Beim Interview im saudischen Staatsfernsehen redete sich Vizekronprinz Mohammed bin Salman in Rage. „Wie können wir in Dialog treten mit einem Regime, das stur an seiner extremistischen Ideologie festhält, dass es über die muslimische Welt herrschen soll?“, polterte der 31-Jährige, der als der starke Mann des Königreiches gilt, gegen den Iran. „Sie wollen die Kontrolle über die Kaaba in Mekka. Wir werden nicht warten, bis sie diesen Krieg auf saudischen Boden tragen. Wir werden dafür sorgen, dass dieser Krieg im Iran stattfindet.“
Damit war Anfang Mai der Ton gesetzt für die nächste Runde im Showdown des Königreiches mit seinem Erzfeind am Golf. Zwei Wochen später blies Donald Trump bei seinem Besuch in Riad ins gleiche Horn. Er machte den Iran für alle Übel in der Region verantwortlich – eine Exorzistenpredigt, die sich das Königshaus in Washington mit Waffenbestellungen von 110 Milliarden Dollar erkaufte. Als einzigem der sechs Golfstaaten versagte der US-Präsident anschließend dem Oman eine Privataudienz, der bei der Vermittlung des Atomabkommens mit dem Iran eine Schlüsselrolle spielte. Beim katarischen Emir pries er dagegen „die wunderbaren amerikanischen Waffen“ an.
Nahöstliche Stellvertreterkriege
Seit Anfang der Woche steht der Herrscher von Doha nun selbst im Fadenkreuz seines saudischen Nachbarn. Die Eskalation um Katar wirft ein Schlaglicht auf den jahrzehntelangen Kalten Krieg zwischen Saudiarabien und der Islamischen Republik Iran. Auf praktisch allen Schauplätzen des Nahen und Mittleren Ostens stehen sich die beiden Nationen als unversöhnliche Kontrahenten gegenüber. Im Libanon stützt der Iran die schiitische Hisbollah, während Saudiarabien das prowestliche Lager um Premier Saad Hariri fördert. In Bagdad zieht seit dem Sturz Saddam Husseins vor allem Teheran die Fäden. Genauso gelten das syrische Regime von Bashar al-Assad und die Houthis im Jemen den Saudis als verlängerter Arm der Islamischen Republik. Im Jemen führt das Königshaus seit gut zwei Jahren Krieg, der in einem blutigen Patt erstarrt ist.
Umgekehrt ist in Teheran bis heute unvergessen, dass Riad Saddam Hussein im Ersten Golfkrieg von 1980 bis 1988 mit 25 Milliarden Dollar unter die Arme griff – ein Krieg, der mehr als eine halbe Million Iraner das Leben kostete. Zusätzliches Öl ins Feuer goss vor zwei Jahren das Verhalten der Saudis nach der Hadsch-Katastrophe, als bei einer Massenpanik mehr als 2400 Menschen zerquetscht wurden, darunter 460 Iraner. Bis heute gibt es keinen offiziellen Untersuchungsbericht, der die Verantwortlichen in Mekka benennt.
So könnte sich durch die Attentate in Teheran gegen das Parlament und das Khomeini-Mausoleum der Konflikt der beiden Regionalmächte am Golf weiter zuspitzen. Bereits wenige Stunden nach dem Blutbad beschuldigten die Revolutionsgarden die USA und Saudiarabien, hinter dem Terrorangriff zu stecken. „Diese grausame Aktion wird nicht ohne Antwort bleiben.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2017)