Geld aus der Crowd: Nicht nur für Start-ups

(c) Clemens Fabry
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Für Start-ups ist es fast schon selbstverständlich, aber auch etablierte Unternehmen, die Kapital brauchen, greifen immer öfter darauf zurück. Auch als Anlageform etabliert es sich - freilich als eine mit Risiko.

Wien. Hermann Maier und Rainer Schönfelder haben sich 1,2 Millionen Euro zur Finanzierung eines Hotels in Bad Kleinkirchheim geholt. Geldgeber war eine Crowd (Menge): 436 Anleger, die den beiden ein Nachrangdarlehen gewährt haben. Die Ökostrom AG hat kürzlich Aktien im Wert von 1,1 Millionen Euro bei 452 Anlegern platziert. Momentan suchen allein auf der Website der Crowdinvesting-Plattform Conda fünf Unternehmen nach Investoren, am besten läuft es für LCT, nach eigenen Angaben Weltmarktführer im Bereich von lichtdurchlässigem Beton, der bereits 265.000 Euro an Nachrangdarlehen erhalten hat.

Auf der Plattform dasertragreich.at hat der Verpackungsspezialist Elpack, der mit namhaften Pharmakonzernen zusammenarbeitet, 306.250 Euro bei Anlegern eingesammelt.

In Österreich ist Crowdinvesting noch nicht sehr weit verbreitet, wächst aber stark: Im Vorjahr haben 13 heimische Crowdinvesting-Plattformen 22,7 Mio. Euro bei Investoren eingesammelt. Seit 2013 wurden 143 Projekte mit insgesamt 34,5 Mio. Euro finanziert. 16 Projekte haben die Fundingschwelle nicht erreicht, also bei Investoren nicht genug Interesse hervorgerufen.

Viele kleine Einzelinvestments

Der Hintergrund: Wenn Unternehmen Geld benötigen, können sie sich welches über Bankkredite besorgen. Nachteil: Man muss es zurückzahlen, auch wenn es dem Unternehmen schlecht geht. Auch bekommen junge Unternehmen vielfach nicht so leicht einen Bankkredit. Eine andere Möglichkeit ist, Investoren mit an Bord zu holen. Dann wollen die Geldgeber jedoch Mitspracherechte. Und ein Börsengang kommt ohnehin erst ab einer gewissen Größe infrage.

Oder man holt sich Geld aus der Crowd. Dabei investieren viele Geldgeber kleine Summen, meist zwischen 100 und 5000 Euro, in ein Unternehmen und werden am Erfolg beteiligt (etwa über Genussscheine oder stille Beteiligungen) oder erhalten Zinsen (aus Nachrangdarlehen – mit Abstand die häufigste Form).

Davon zu unterscheiden ist Crowdfunding, das auch Spenden umfasst, bei denen die Geldgeber nur ideelle Anerkennung erhalten. Etwa dahingehend, dass sie als Erste das neu entwickelte Produkt in Händen halten. Da steckt dann eine gehörige Portion Idealismus dahinter, keine Renditeerwartung. Am anderen Ende des Spektrums: Finanzierungen für etablierte Unternehmen – auch diese greifen, wie einige der eingangs erwähnten Beispiele zeigen, inzwischen auf Geld aus der Crowd zurück.

Selbst heimische Bauträger nützen zunehmend Nachrangdarlehen, um ihre Eigenmittel aufzustocken. Mehrere Plattformen haben sich inzwischen auf Immobilien spezialisiert, vor allem dagobertinvest und Home Rocket. Wer da investiert, macht es nicht aus Idealismus. „Das ist eine Geldanlage“, sagt Andreas Zederbauer von dagobertinvest. Zurzeit habe man das 20. Projekt laufen, 18 seien finanziert, zwei bereits zurückgezahlt und meist fünf bis zehn neue in der Pipeline, berichtet er. Üblich sind dabei Laufzeiten bis 24 Monate. „Die Laufzeit ist ein wesentlicher Faktor“, sagt Zederbauer. Der Zugang der Investoren: Je kurzfristiger, desto lieber. Was nachvollziehbar ist – denn ein beachtliches Risiko bleibt, allein schon durch das Konstrukt als Nachrangdarlehen. Geht das Unternehmen pleite, ist das Geld weg. Kürzere Laufzeiten machen das überschaubar. In Deutschland werde Anlegern zudem empfohlen, das dafür reservierte Kapital auf 20 oder mehr Projekte zu verteilen, sagt Zederbauer.

Stichwort Deutschland: Dort gab es Bestrebungen, Immobilien-Crowdinvesting zu erschweren – wohl unter dem Eindruck der Probleme mit anderen Konstrukten, etwa geschlossenen Fonds. Die Ausnahme von der Prospektpflicht – die dort bis zu einer Grenze von zweieinhalb Millionen Euro besteht – sollte für Immobilienprojekte nicht mehr gelten. Dem Vernehmen nach sollte das aber zumindest vorläufig vom Tisch sein.

Kapital für Wachstum gesucht

An größere Investoren richtet sich Round2 Capital Partners, das Risikokapital nicht bei der Crowd, sondern bei wohlhabenden Privatanlegern, Stiftungen oder Family Offices einsammelt. Diese sollten über das nötige Kleingeld von 500.000 bis 1,5 Millionen Euro verfügen. Dafür können sie im Idealfall – bei entsprechendem Risiko – mit einer Rendite von zehn bis 20 Prozent pro Jahr rechnen, sagt Round2-Managing-Partner Christian Czernich. Die Rückzahlung erfolgt in Form einer Umsatzbeteiligung. Je schneller das Unternehmen wächst, desto rascher ist der vereinbarte Betrag zurückbezahlt.

Die Firmen, in die investiert wird, stammen vor allem aus dem digitalen Bereich und haben die Start-up-Phase schon hinter sich. Nun brauchen sie Geld für Wachstum. Banken würden als Sicherheiten Gebäude und Maschinen akzeptieren, die Unternehmen verfügten aber vor allem über immaterielles Vermögen, berichtet Czernich. „Die Wertschöpfung entsteht heute anders als vor 30 Jahren.“

Die Investorensuche gestalte sich in Österreich nicht einfach, da Stiftungen und Private hierzulande lieber in Immobilien als in Unternehmen investieren. Am ehesten lassen sich erfolgreiche Unternehmer gewinnen, die früher selbst in der Situation waren, nach Kapital suchen zu müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2017)

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