In Salzburg sagte der frühere Sachbearbeiter in der Finanzabteilung aus. Seiner Ansicht nach war dem Bürgermeister "das Risiko des Gesamtportfolios nicht bewusst".
Am fünften Verhandlungstag im bereits dritten Salzburger Finanzskandal-Prozess ist am Montag die Rolle des ehemaligen Sachbearbeiters in der Finanzabteilung der Stadt Salzburg bei der Übertragung von sechs Swaps an das Land mit einem negativen Barwert von rund 4,9 Millionen Euro beleuchtet worden. Der wegen Untreue mitangeklagte jetzige Finanzdirektor der Stadt bekannte sich "nicht schuldig".
Die Fragen des Schöffensenates unter Vorsitz von Richterin Anna-Sophia Geisselhofer drehten sich vor allem darum, auf welche Initiative hinauf die Übertragung der Derivate vorbereitet wurde, wer das angeordnet hat und wann der mitbeschuldigte Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) darüber informiert wurde. Der Angeklagte schilderte zunächst, dass die Stadt deshalb Derivate abgeschlossen habe, um daraus positive Zinszahlungen zur Budgetentlastung zu generieren. Als im Frühjahr 2007 die Ertragsaussichten der Derivate "nicht so gut gewesen" seien und er mit seinem damaligen Vorgesetzten das Szenario analysiert habe, sei erstmals die Idee aufgekommen, ob nicht das Land, das ein weitaus größeres Portfolio als die Stadt habe, einzelne Produkte übernehmen könne. Beide Seiten hätten daraus Vorteile lukrieren können: Die Stadt hätte keine Auflösungskosten an die Banken zahlen und das Land keine - von den Banken ansonsten in Rechnung gestellte - Handelsspanne aufgrund hoher Bankmargen berappen müssen.
Die Stadt hat dann noch versucht, Swaps umzustrukturieren. Weil der Finanzdirektor krankheitsbedingt nicht im Dienst war, ging der Sachbearbeiter am 25. Mai 2007 das erste Mal alleine zum Bürgermeister, um eine Unterschrift für die Verfügung einzuholen, wie der Angeklagte sagte. "Ich sagte, das umstrukturierte Produkt kann, muss aber nicht gut funktionieren. Der Bürgermeister war irritiert. Das Risiko des Gesamtportfolios schien ihm nicht bewusst gewesen zu sein, er schien unterinformiert. Und er reagierte emotional." Das habe seine Magenschmerzen, eine Schwachstelle von ihm, erhöht.
Bericht "stammt zu 95 bis 98 Prozent von mir"
Dass man sich von den Derivaten trennen solle, sei damals nicht Thema gewesen, sagte der Beschuldigte. Der Bürgermeister habe einen Statusbericht über das gesamte Portfolio der Stadt angefordert. Der Bericht, datiert auf 22. Juni 2007, "stammt zu 95 bis 98 Prozent von mir". Eine Quintessenz des Bürgermeisters daraus sei gewesen, dass das Thema wegen der heiklen Geschichte aufgrund möglicher Bankenabsprachen im nicht-öffentlichen Teil einer Stadtsenatssitzung behandelt werden solle (das Thema wurde aber von der Tagesordnung genommen, Anm.) und die Stadt keine Derivate mehr abschließen dürfe.
Der Ausstieg aus den Derivatgeschäften sei zu diesem Zeitpunkt aber "definitiv noch nicht Thema gewesen", betonte der Beschuldigte. Und es habe noch keine Festlegung darauf gegeben, ob das Land die Derivate vielleicht übernehmen könne. Die Richterin wollte wissen, ob er bei einer Ressortbesprechung am 19. Juni 2007 zum Bürgermeister gesagt habe, dass das Land Interesse habe, die Derivate zu übernehmen. "Nein", antwortete der Angeklagte. Möglicherweise habe er gesagt, das Land könnte vielleicht ein Interesse daran haben, diese zu übernehmen.
Auf Anfrage der Richterin erklärte er noch, dass der mitangeklagte jetzige Magistratsdirektor, der damals als Mitarbeiter des Magistrats im Büro des Bürgermeisters tätig war, die Schnittstelle zwischen ihm und Heinz Schaden gewesen sei. Der Beschuldigte selbst war am 1. März 2006 von einem Geldinstitut, das mit der Stadt Derivatgeschäfte abgeschlossen hatte, auf Wunsch des städtischen Finanzdirektors in den Salzburger Magistrat gewechselt.
Wegen Untreue beschuldigt, teils als Beteiligte, sind in dem Strafprozess neben dem Bürgermeister der ehemalige Finanzreferent des Landes, Ex-Landeshauptmann-Stellvertreter Othmar Raus (SPÖ), weiters der heutige Magistratsdirektor, der ehemalige Leiter der Finanzabteilung des Landes, Hofrat Eduard Paulus, der städtische Finanzdirektor sowie die ehemalige Budgetreferatsleiterin des Landes, Monika Rathgeber, und ihr damaliger Mitarbeiter im Referat. Alle außer Rathgeber haben bisher ihre Unschuld beteuert.
(APA)