Steuerpläne: Kurz auf der Suche nach dem Geld

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Die für die Entlastung nötige Summe solle bis zum Jahr 2022 erreicht werden, präzisiert der ÖVP-Chef. Und trotz des Mehrbedarfs für Pflege brauche es keine neue Steuer.

Wien. Langsam lichten sie sich etwas, die Nebel um die Steuerpläne des neuen ÖVP-Chefs Sebastian Kurz. Eine Steuerentlastung von zwölf bis 14 Milliarden Euro hat Kurz ja versprochen. Man dürfe aber jetzt nicht glauben, dass die Summe dafür schon im nächsten Jahr eingespart werden könne, erklärte Kurz am Montag nach einem Gespräch mit Steuerexperten an der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU). Es gehe darum, das Ziel bis zum Jahr 2022 zu erreichen.

Auch das halten Steuerexperten zwar für ambitioniert, aber für machbar, wie etwa Gottfried Haber, Professor an der Universität Krems, klarmachte. Doch woher soll das Geld kommen? Ein Teil bereits über Wirtschaftswachstum, wie Haber meint. Ein positiver Effekt von drei bis vier Milliarden Euro sei bis 2022 möglich. In diesem Jahr endet (planmäßig) die nächste Legislaturperiode.

Einen zweiten wichtigen Ansatz sieht der Experte in einer Ausgabengrenze. Jedes Jahr würden die Staatsausgaben steigen, diese müsse man beschränken, sodass sie maximal um die Inflationsrate steigen. Bis zum Jahr 2022 seien durch eine strikte Ausgabengrenze vier bis fünf Milliarden Euro an Einsparungen drin. Der dritte und schwierigste Punkt besteht laut Haber aus Einsparungen durch Deregulierung und die Reduzierung von Förderungen. „Das ist eine Knochenarbeit“, sagte der Professor. Aber auch hier seien drei bis fünf Milliarden Euro drin.

Treffen mit vier Steuerexperten

Das Treffen von Kurz und vier Steuerexperten war Teil der „Österreich-Gespräche“, die der ÖVP-Chef bis zur Wahl mit Spezialisten aus verschiedenen Bereichen führt. Wie in der Vorwoche mit Unternehmern fand auch das Gespräch am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Danach standen die Steuerexperten und Kurz aber für Auskünfte zur Verfügung. Eine zentrale Forderung der Experten war die Beschleunigung der Verwaltungsprozesse, wie etwa Antonella Mei-Pochtler, Geschäftsführerin der Boston Consulting Group, betonte. Dass eine Senkung der Abgabenquote für den Standort Österreich nötig sei, machten auch Hans Zöchling, Partner der KPMG Austria, und Eduard Lechner, Professor für Finanzrecht an der Universität Wien, klar. Kurz will die Abgabenquote ja von 43,4 auf 40 Prozent senken.

Als Tabu gelten für Kurz neue Steuern, auch wenn der Aufwand für den Staat in bestimmten Bereichen steigen wird. So hatte eine Wifo-Studie („Die Presse“ berichtete in der Vorwoche) ergeben, dass die Pflegekosten in den kommenden Jahren und Jahrzehnten stark steigen werden. Als möglichen Ausweg regten die Studienautoren eine Erbschafts- und Schenkungssteuer an. „Man kann im Pflegebereich genauso bedürftig werden, wie man krebskrank werden kann“, meinte Kurz dazu. „Dieser Bereich sollte also auch nicht anders behandelt werden“, erklärte er. Er wolle keine Steuer, die nur der Pflege zweckgewidmet ist.

Pflege durch Einsparungen finanzieren

Vielmehr müssten Mehrkosten für Pflege durch Einsparungen in anderen Bereichen bestritten werden, meinte Kurz. Und sprach Kostenreduktionen in der Bürokratie oder im Bereich der Migration an. „Gerade um die Pflege zu finanzieren, braucht es einen Staat, der auf das, was da auf uns zukommt, vorbereitet ist“, sagte der Minister. Erneut sprach sich Kurz für mehr Transparenz aus. Das Amtsgeheimnis dürfe es künftig nur noch in absoluten Ausnahmefällen geben, damit klar sei, wohin öffentliches Geld fließt.

Konkreter wurde Kurz bezüglich seiner Steuerpläne noch nicht, wenngleich er für September versprach, ein detailliertes Konzept vorzulegen: „Es wird ganz präzise sein.“

Auf einen Blick

Sebastian Kurz will die Abgabenquote von 43,4 auf 40 Prozent senken und zwölf bis 14 Milliarden Euro einsparen. Und zwar bis zum Jahr 2022, wie er am Montag erklärte. Das Ziel sei ambitioniert, aber machbar, lautete die Conclusio nach einem Gespräch von Steuerexperten und Kurz, Mehreinnahmen durch Wirtschaftswachstum sind nötig, daneben braucht es eine strikte Ausgabengrenze und Einsparungen bei Bürokratie und Förderungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2017)

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