Bildungsreform wackelt: Grüne legen Änderungswünsche vor

Die Presse
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Die Grünen stimmen dem Entwurf doch nicht zu. Denn der Gesamtschulvorschlag sei "ein Etikettenschwindel". Seit 12.30 Uhr wird weiterverhandelt.

Man hatte den finalen Abschluss schon in greifbarer Nähe, aber nun gibt es doch wieder Streit um die Bildungsreform. Denn: Die Grünen werden dem am Tisch liegenden Gesetzesentwurf für das Schulautonomiepaket nicht zustimmen. Das "Kleingedruckte" des Entwurfs sei "wenig erfreulich", sagte der grüne Bildungssprecher Harald Walser. Man sei für einen "Etikettenschwindel" nicht zu haben, fügte der grüne Klubobmann Albert Steinhauser hinzu. Die beiden legten am Montagvormittag Alternativvorschläge vor. Um 12.30 Uhr werden die Grünen nun weiter mit der SPÖ und der ÖVP verhandeln.

Mit dem vorliegenden Entwurf sind die Grünen jedenfalls höchst unzufrieden. Ihr Vorwurf: Bei den Modellregionen um die Gesamtschule werde getrickst und gefeilscht. Walser hat bei diesem "unsäglichem Schauspiel" die ÖVP in Verdacht. Im derzeitigen Entwurf - für den SPÖ und ÖVP eine Zwei-Drittel-Mehrheit und damit die Zustimmung entweder von Grünen oder FPÖ brauchen - seien "Dinge drinnen, die eindeutig nicht ausgemacht waren", sagte Walser. "In der jetzigen Form können wir nicht zustimmen."

Der ewige Zankapfel Gesamtschule

Konkret geht es Walser um die Bedingungen für die gemeinsame Schule, vor allem stört ihn, dass laut dem Entwurf "50 Prozent aller Eltern" bei den Modellregionen zustimmen müssen. Tatsächlich müsste es heißen, dass 50 Prozent der abgegebenen Stimmen ein "Ja" sein müssten. Man könne nicht von den Wahlberechtigten ausgehen, denn es würde ja immer nur ein Teil der Eltern bei so einer Abstimmung teilnehmen.

Und bei der aktuellen Formulierung würde das bedeuten, wenn nur 50 Prozent der Eltern bei so einer Abstimmung teilnehmen, müssten alle mit "Ja" stimmen. Es werde also wohl "immer ein Nein herauskommen". Deshalb sei der Vorschlag nicht akzeptabel. "Das ist Trickserei - wir lassen uns nicht austricksen." Er habe dabei "schwer die ÖVP im Verdacht": "Bei den Modellregionen ist der harte Kern der ÖVP dagegen - und der sitzt in Wien", sagte der Abgeordnete, der von einem "unseligen Schauspiel auf Kosten der Kinder" sprach.

Zwei Alternativvorschläge liegen am Tisch

Steinhauser und Walser legten am heutigen Dienstagmorgen deshalb Alternativvorschläge vor. Konkret sind es zwei Varianten ("nicht der grüne Wunschkatalog, aber ein Kompromiss, mit dem wir leben können"). Variante eins sei ein Vorschlag, der ursprünglich ohnehin von der ÖVP komme, so die Grünen. Es solle direkt an den einzelnen Schulstandorten über die Gesamtschule abgestimmt werden. Allerdings nicht von allen Eltern und Lehrern. Sondern im Schulgemeinschaftsausschuss bzw. im Schulforum. Hier entscheiden also Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter mit einfacher Mehrheit.

Variante zwei wird von den Grünen bevorzugt. Sie komme, laut Grünen, dem ÖVP-Wunsch nach mehr Demokratie nach. Über die Gesamtschule sollen alle Lehrerinnen und Lehrer der ersten bis achten Schulstufe sowie alle Eltern, deren Kinder eine Volksschule, eine Neue Mittelschule oder eine AHS-Unterstufe besuchen, in einem Bundesland abstimmen. Entschieden wird also nicht am einzelnen Schulstandort, sondern im ganzen Bundesland. Auch hier solle die einfache Mehrheit gelten.

Seit 12.30 wird wieder verhandelt. Wann mit einer Einigung zu rechnen ist, ist für den Grünen Bildungssprecher offen: "Ich kann es schlicht nicht mehr einschätzen. Ich habe in letzter Zeit zu viel erlebt", sagt Walser bei der Pressekonferenz.

Wallner sieht Grüne in der Pflicht

Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sieht in punkto Schulautonomiepaket die Grünen in der Pflicht. Die Bundesregierung sei der Partei bei der Regelung der Modellregionen zur gemeinsamen Schule bereits in drei Schritten entgegengekommen. "Man könnte erwarten, dass die Grünen nun auch einen Schritt machen, um zu einer Lösung zu kommen", sagte Wallner am Dienstag.

Über die Zustimmungspraxis zur Gesamtschule könne man laut Wallner "schon diskutieren". Bisher seien Schulversuche aber mit einer Zwei-Drittel-Zustimmung von Eltern und Lehrern geregelt. "Dann müssten wir über eine grundsätzliche Mitbestimmung von Eltern und Lehrern diskutieren", gab der Vorarlberger Landeshauptmann zu bedenken. Auf die von den Grünen vorgelegten Alternativvorschläge ging er auf Nachfrage nicht ein.

(APA/Red.)

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