Hochhaus-Brand wie in London "in Österreich so definitiv nicht möglich"

Einsatzkräfte am Mittwoch am Londoner Unglücksort
Einsatzkräfte am Mittwoch am Londoner UnglücksortREUTERS
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Strenge Bauvorschriften verhindern in Österreich, dass ein Hochhaus "in seiner Gesamtheit in Flammen gerät", sagt der Wiener Feuerwehr-Sprecher. Drehleitern können nicht unbegrenzt helfen.

Mitten in London ist in der Nacht auf Mittwoch ein 24-stöckiges Hochhaus mit einer Vielzahl schlafender Bewohner darin in Brand geraten - nach Berichten der örtlichen Feuerwehr stand das Betongebäude von der zweiten Etage bis ganz hinauf in Flammen. "In Österreich wäre das so definitiv nicht möglich", sagte Christian Feiler, Sprecher der Berufsfeuerwehr Wien, im Gespräch mit der Austria Presseagentur.

"Es ist höchst dramatisch, dass buchstäblich ein ganzes Hochhaus brennt", sagte der Oberbrandrat. Für Österreich kann er sich einen solchen Vorgang, der in London vermutlich zahlreiche Todesopfer gefordert hat, unter normalen Umständen nicht vorstellen. Zu streng seien die Sicherheitsvorschriften, deren Umsetzung auch regelmäßig kontrolliert werde.

Brandabschnitte und brandbeständige Mauern

Zu solchen Sicherheitsmaßnahmen zählen zum Beispiel Brandabschnitte - Bereiche, in denen es im Fall des Falles im Sinne einer Zellenbildung "brennen darf". Dass Flammen dabei nicht ohne weiteres von einer Wohnung auf benachbarte übergreifen, garantieren brandbeständige Mauern, die überlappend und in einer vorgeschriebenen Mindeststärke eingezogen sind. Weitere sicherheitstechnische Einrichtungen, die von Gebäude zu Gebäude nach baulichen Erfordernissen aber verschieden sind, wären noch Brandmeldeanlagen, eventuell mit Sprinkleranlage, und Druckbelüftungsvorrichtungen.

Alle diese Maßnahmen sollen helfen, "dass nicht alles zu brennen beginnt, wenn einmal eine Wohnung brennt", sagte Feiler. So werde verhindert, "dass das Haus in seiner Gesamtheit in Flammen gerät".

Brandriegel in der Fassade

Genau das ist augenscheinlich in London geschehen. Noch sei es zu früh, um einen Auslöser und mögliche Ursachen festzumachen, betonte Feiler. Der Oberbrandrat kann sich generell drei Ausgangsszenarien vorstellen, wie es bei Brandausbruch in einem mehrstöckigen Haus zu einer Katastrophen solchen Ausmaßes kommen könnte: "Unter Umständen kann sich so ein Brand über die Fassade ausbreiten. In Österreich sind deswegen Brandriegel in der Fassade vorgeschrieben, damit sich ein Feuer dort nicht ungehindert durchfressen kann", erläuterte Feiler. Eine andere Variante - die einzige, die er sich für ein Wiener Gebäude überhaupt vorstellen könnte - wäre eine absichtliche Brandlegung mit gleichzeitigem Zünden in praktisch allen Stockwerken. Als dritte Möglichkeit, dass sich ein Feuer derart ausbreitet, führte der Experte das völlige Fehlen grundlegender brandschutztechnischer Vorkehrungen an.

In Österreich seien die Vorschriften diesbezüglich sehr streng: "Wir haben bauliche und technische Vorkehrungen wie Brandmelder und Rauchentlüftungsanlagen, und im Unternehmensbereich auch organisatorische mit den Brandschutzbeauftragen in den Firmen", sagte Feiler. Mit diesen drei Säulen und regelmäßigen Kontrollen sei man auf der möglichst sicheren Seite.

Einsatz von Drehleitern begrenzt

Aber auch in Österreich kann die Feuerwehr bei Bränden in Hochhäusern ab einer Höhe von rund 22 Metern und mehr die Drehleiter meist nicht mehr zur Evakuierung einsetzen. Aufgrund der begrenzten Reichweite braucht es daher einen alternativen zweiten Rettungsweg, sagte Feiler. Der Rettungsweg erfolgt dann über ein zweites Stiegenhaus oder eine Außentreppe.

Sogenannte Feuerwehraufzüge bieten den Einsatzkräften in manchen hohen Gebäuden zudem die Möglichkeit, in überdruckbelüfteten und mit Schleusen ausgestatteten Kabinen zum Brandherd vorzudringen. Der lange und erschöpfende Weg mit voller Montur über das Stiegenhaus wird so maßgeblich verkürzt.

Die genannten 22 Meter gehen aus den Richtlinien, wie der Brandschutz in Gebäuden zu erfolgen hat, hervor. Diese werden vom Österreichischen Institut für Bautechnik (ÖIB) definiert und wurden zuletzt im März 2015 in einer überarbeiteten Fassung vorgelegt. Aufgrund der ÖIB-Definitionen fallen Hochhäuser in die höchste Gebäudeklasse der insgesamt fünf Klassen. Die ÖIB unterscheidet hier bei den Fluchtwegen Stiegenhäuser mit mechanischer Belüftungsanlage (Druckbelüftungsanlage), solche mit automatischer Brandmeldeanlage und Rauchabzugseinrichtung sowie solche mit Schleuse und Rauchabzugseinrichtung.

(APA)


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