SPÖ stellt sieben Koalitionsbedingungen

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SPOe-VORSTAND: PRESSEKONFERENZ / KERNAPA/HELMUT FOHRINGER
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Christian Kern macht unter anderem die Erbschaftssteuer und eine Senkung der Steuern auf Arbeit zu Koalitionsbedingungen. Die FPÖ könne nun selbst entscheiden, "ob sie aufs Spielfeld zurückkehrt".

Die SPÖ hat am Mittwoch in den Gremien Pflöcke für künftige Koalitionen eingeschlagen. Neben dem allgemeinen Kriterienkatalog legte Parteichef Christian Kern sieben Koalitionsbedingungen für die Nationalratswahl im Herbst vor, die er möglichst alle umgesetzt sehen will: Darunter die Erbschaftssteuer, ein steuerbefreiter Mindestlohn und eine Senkung der Steuern auf Arbeit um drei Milliarden Euro.

Im Steuerbereich fordert die SPÖ auch "Schluss mit Steuerprivilegien und Sonderrechten für Großkonzerne". Weiters will Kern einen Mindestlohn von 1.500 Euro und alle Einkommen bis 1.500 Euro steuerfrei, einen Rechtsanspruch auf Ganztags-Kinderbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr, zusätzliche Lehrer und Polizisten, "sichere Pensionen für alle" und eine Volksabstimmung über eine Verwaltungsreform. Besonders heikel für mögliche künftige Koalitionspartner ÖVP und FPÖ dürfte die Bedingung sein, mit einer Steuer auf Erbschaften ab einer Million Euro die Abschaffung des Pflegeregresses zu finanzieren.

Auf die Frage, wie viele der sieben Punkte für eine Koalition erfüllt werden müssen, wollte sich Kern nicht wirklich einlassen: Alle seien gleichwertig und er sei sich sicher, dass man die Österreicher am 15. Oktober mit dem Programm überzeugen könne, weshalb er davon ausgehe, alle umsetzen zu können, gab sich Kern selbstsicher. Gefragt, ob er auch in Opposition Parteichef bleiben würde, meinte Kern: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich diese Frage nicht beantworten werde müssen."

Kern: Kein Schritt auf FPÖ zugemacht

Kern sieht nach den roten Parteibeschlüssen nun die anderen Parteien am Zug. Dass die SPÖ mit dem Kriterienkatalog einen Schritt auf die FPÖ zugemacht hat, verneinte Kern. Im Gegenteil: Die Freiheitlichen könnten nun nicht mehr sagen, sie würden ausgegrenzt. Die FPÖ könne nun selbst entscheiden, "ob sie auf das Spielfeld zurückkehrt", sagte Kern.

Es gebe inhaltlich große Differenzen zwischen SPÖ und FPÖ, verwies Kern unter anderem auf Frauen- und Integrationspolitik. Es sei jetzt an der FPÖ, sich ein großes Stück inhaltlich zu bewegen. Kern sah daher vorerst keine Grundlage, den Parteitagsbeschluss, der eine Koalition mit der FPÖ ausschließt, aufzuheben. Kern schloss auch nicht aus, dass dieser aufrecht bleibt. Kern bezeichnete den damaligen Anti-FPÖ-Beschluss "eine absolute richtige und nachvollziehbare Entscheidung", räumte aber ein, dass sich die SPÖ damit de facto auf einen einzigen möglichen Koalitionspartner, die ÖVP, eingeengt habe.

Kern lenkte die parteiinterne Streitfrage zum Umgang mit der FPÖ mit den sieben Koalitionsbedingungen auf eine inhaltliche Ebene. "Mir geht es um eine klare Festlegung, so dass sich jeder Österreich ein Bild machen kann." Der "Wertekompass" sei darüber hinaus ein Katalog, "war wir uns von einem potenziellen Regierungspartner erwarten".

Kern kann Niessl-Vorschlag nichts abgewinnen

Nach der Wahl im Herbst und allfälligen Koalitionsverhandlungen soll ein Regierungsvertrag den Parteimitgliedern zur bindenden Abstimmung vorgelegt werden, unabhängig davon, ob er mit der FPÖ oder einer anderen Partei ausverhandelt wurde. Der Forderung des burgenländischen Landeshauptmannes Hans Niessl, vor der Wahl die Mitglieder über einer Zusammenarbeit mit den Blauen entscheiden zu lassen, kann Kern nichts abgewinnen: Dafür sehe er keine Grundlage vorhanden, meinte Kern, man lasse im Fall des Falles über ein konkretes Programm abstimmen, sagte er.

Als Vorbild für die Urabstimmung diente die deutsche Schwesterpartei SPD, die dies nach der letzten Bundestagswahl so gehandhabt hat, wie Kern erläuterte. Die Abstimmung gelte konkret für die Nationalratswahl im Herbst, nicht für alle künftigen Wahlen.

Die vier Gegenstimmen zum Kriterienkatalog kamen im Vorstand von den Vertretern der Parteijugend, sagte Kern auf Journalistenfragen. Er freue sich aber, dass die inhaltlichen Koalitionsbedingungen einstimmig beschlossen wurden.

(APA)

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