Heinz Fischer: Braver Vorzugsschüler, gewiefter Parteitaktiker

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Es war ein steter Aufstieg als treuer Diener der Parteioberen: Klubchef, Minister, Nationalrats- und Bundespräsident. Persönliche Erlebnisse hält das amtierende Staatsoberhaupt unter Verschluss.

Musterknabe, Vorzugsschüler, angepasster Mitläufer. Heinz Fischer wird nicht mit all den Zuschreibungen, die sein politisches Leben begleitet haben, zufrieden sein. Wer aber aus eigenem Interesse nachforschen will, wer der Mann an der Spitze des Staates wirklich ist, wie er seine Jugend verbracht hat, warum so manche frühere politische Parteigänger recht schweigsam werden, wenn sein Name fällt, wer also dahinterblicken will, wird zwangsläufig an der Oberfläche bleiben. Heinz Fischer hat sich nie in die Karten schauen lassen.

Er habe im Gymnasium fast immer die Betragensnote drei erhalten, sagte er selbst einmal. Warum aber? Hier ist man schon in den Bereich der Spekulationen verwiesen. Auch aus seinem weiteren Leben sind nur „Stationen“ bekannt: Der Sohn eines sozialistischen Beamten, der auch Staatssekretär war (1954–1956), war bei den sozialistischen Mittelschülern und Studenten. Dann: kein „Zivilberuf“, sondern nach dem Jusstudium und dem Gerichtsjahr schon Sekretär im SPÖ-Parlamentsklub (1963).

Nun war dem jungen Mann, der seinen Vorgesetzten fachkundig und unkritisch zur Seite stand, ein steter Aufstieg beschieden. 1971, als er sich noch dem linken Flügel zurechnete, erhielt er ein Abgeordnetenmandat. 1972 plädierte er in den „Roten Markierungen“ für eine Doppelstrategie der SPÖ: da die Regierung, die dem Wahlvolk entgegenkommen muss, dort die progressiven Minderheiten, die in der SPÖ ihre Heimat sehen sollen.

1975 war alles anders. Er wurde Klubobmann, der damals jüngste in der Geschichte der SPÖ. Und in der Ära Kreisky erwies sich Fischer als treuer Diener seines Herrn. Er übertraf noch Kreiskys Attacken gegen Simon Wiesenthal (wegen dessen Vorwürfen gegen den damaligen FPÖ-Chef Friedrich Peter) und drohte gar mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Im Parlament selbst machte er sich unentbehrlich, 1979 stieg er zum Vizeparteichef auf und galt als einer der fünf möglichen Nachfolger Bruno Kreiskys (neben Androsch, Gratz, Sinowatz und Blecha).

Sinowatz-Berater

1983 kam mit dem Verlust der SPÖ-Absoluten Fred Sinowatz, zuerst als Vizekanzler, dann als Parteichef. Fischer wurde in der Regierung Sinowatz Wissenschaftsminister – wohl auch deshalb, weil Karl Blecha als Innenminister in die Regierung eintrat und Fischer ihm keine Vorrangstellung einräumen wollte. Zugleich war er Stütze und der wahrscheinlich wichtigste Berater der Bundeskanzlers, was freilich den Absturz von Sinowatz – Stichwort Hainburg, Stichwort Intertrading-Millionenverluste – nicht verhindern konnte. Sinowatz übergab 1986 an Franz Vranitzky, im gleichen Jahr kehrte Fischer in das Parlament zurück.

Der heutige Bundespräsident hat den Absturz der SPÖ von der absoluten Mehrheit zur heutigen 30-Prozent-Partei mitgemacht und maßgeblich mitgestaltet, schrieb der frühere SPÖ-Parteigänger Norbert Leser. Tatsächlich habe er aber „wesentliche Themen, ohne die die Geschichte der Gegenwart nicht richtig beurteilt werden kann, einfach ausgeblendet“. Bei all seiner scharfen Kritik konzedierte ihm Norbert Leser Fleiß und eiserne Disziplin. Und so arbeitete sich Fischer weiter voran.

Der Aufstieg zum Nationalratspräsidenten 1990 war die logische Folge. Parteitaktik war auch in diesem Amt im Spiel, so etwa, als er 1993 den Start des Liberalen Forums als Parlamentsklub ermöglichte. Den großen, auch weisen Entschluss fasste er aber 2002: Die SPÖ verlor die Poleposition an die ÖVP – und Fischer blieb, nunmehr eher etwas wortkarg, (nur noch) als Zweiter Nationalratspräsident im Parlament. Bei diesem Schachzug war klar: Er konnte warten. Nach zwei Jahren war er der logische Präsidentschaftskandidat seiner Partei, ein Konkurrent war nicht in Sicht. 52,4 Prozent im ersten Wahlgang gegen Benita Ferrero-Waldner – Fischer war am Ziel.

Kritik an Habilitation

Abseits der Politik gab es kaum etwas zu berichten, da blieb er höchst unauffällig. 1976/77 sorgte seine Habilitation für inneruniversitäre Kritik, weil er keine Forschungsarbeit, sondern seine bisherigen Publikationen vorlegte. Seine Familie, vor allem Sohn Philip und Tochter Lisa, schirmte er vor der Öffentlichkeit ab. Wie eben sein gesamtes Privatleben.

AUF EINEN BLICK

Zuletzt Vertrauensverlust. Bundespräsident Fischer
sackte zuletzt im APA/OGM-Vertrauensindex ab – so wie auch die anderen Politiker. Platz eins hält er unangefochten (an zweiter Stelle Josef Pröll mit der Marke 30).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2009)

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