Trotz Hilfe aus dem Ausland und Regens bekommen die Einsatzkräfte das Feuer in den Pinien- und Eukalyptuswäldern Mittelportugals nicht unter Kontrolle.
Madrid/Lissabon. Die verheerenden Waldbrände in der mittelportugiesischen Region Leiria waren am Montag noch nicht unter Kontrolle. Wie die Behörden mitteilten, breitete sich das Feuer inzwischen auf die Nachbarregionen Coimbra und Castelo Branco aus. Die Opferzahl erhöhte sich am Montag auf 63 - ein Feuerwehrmann war seinen bei der Brandbekämpfung erlittenen Verletzungen erlegen.
Am Nachmittag hieß es, die Situation an den Feuerfronten „entwickelt sich vorteilhaft“, erklärte der Chef des portugiesischen Zivilschutzes, Elísio Oliveira – und zwar vor allem, weil Löschkräfte auch aus Spanien eintrafen. Es gab auch einige kleine Regenschauer, die von den Brandbekämpfern mit Jubel begrüßt wurden, die aber an der gefährlichen Situation kaum etwas änderten. Die Lage sei schwierig, sagte Oliveira.
Temperaturen von bis zu 40 Grad und Winde sorgten dafür, dass die Flammen sich weiter ausbreiteten. Die iberische Halbinsel leidet seit Tagen unter einer extremen Hitzewelle. Portugals Regierungschef, António Costa, sagte, die Opferzahl könne noch steigen. Einige Siedlungen seien weiterhin von der Außenwelt abgeschlossen, bestätigte ein Beamter.
In der Umgebung des Dorfes Pedrogão Grande sind am Wochenende 62 Menschen verbrannt oder erstickt. Die meisten starben auf der Flucht auf einer Landstraße, die von einer Flammenwalze überrollt wurde. „Die Straße des Todes“, titelten Portugals Medien.
Rettungsort Wassertank
Rund 2000 Feuerwehrleute, Soldaten und Freiwillige bekämpfen den Großbrand, der sich an mehreren Fronten durch trockene Pinien- und Eukalyptuswälder frisst. Spanien, Frankreich und Italien schickten Löschflugzeuge, die aber wegen der starken Rauchentwicklung und bergigen Landschaft zunächst nur begrenzt eingesetzt werden konnten.
Unterdessen wuchs in der Öffentlichkeit die Kritik an den Behörden. Der Forstwissenschaftler Paulo Fernandes meinte, die Katastrophe sei vermeidbar gewesen. Er sprach von „absolutem Versagen des Zivilschutzsystems“. Nach Ausbruch des Waldbrands habe man es versäumt, Straßen zu sperren und die Menschen wegzubringen. Die Feuerwehr war tatsächlich in den ersten Stunden überfordert. Bewohner berichteten, dass sie mitansehen mussten, wie die Flammen auf ihre Häuser zukamen.
„Jeder hat, so gut es ging, um seinen Besitz und sein Leben gekämpft“, berichtete der Bauer Eduardo Abreu. In dem Dorf Nodeirinho konnten sich mehrere Familien retten, indem sie in einen großen Wassertank kletterten. „Wir haben die Feuerwehr gerufen. Sie sagten, sie kommen gleich – aber niemand ist gekommen“, sagte María Céu Silva, eine der Überlebenden.
Wohl Blitzschlag als Ursache
Ersten Ermittlungen zufolge hat ein Blitz die Brandkatastrophe ausgelöst. Regierungschef Costa versprach eine gründliche Untersuchung. „Zunächst müssen wir das Feuer löschen. Aber das Land hat ein Recht zu wissen, wie sich diese Tragödie ereignete.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2017)