Bildungsreform: Es ist noch ein langer Weg bis zur Gesamtschule

Clemens Fabry
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Die Bildungsreform bringt "den ersten Schritt in Richtung gemeinsamer Schule". Es müssen aber noch viele weitere folgen.

Als "ersten Schritt in Richtung gemeinsamer Schule" und "Ende einer fast 100-jährigen Blockade" bezeichneten Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) bzw. der Grüne Bildungssprecher Harald Walser die Einigung im Schulautonomiepaket zu den Modellregionen. Tatsächlich ist es aber noch ein weiter Weg zu einer Modellregion - und ein noch weiterer zur einer etwaigen flächendeckenden Gesamtschule.

Voraussetzung für die Einrichtung einer Modellregion ist die Zustimmung des jeweiligen Bundeslands. Bundesweit dürfen nur 15 Prozent aller Schulen bzw. Schüler der fünften bis achten Schulstufe die Gesamtschule erproben. Außerdem darf eine einzelne Modellregion nicht mehr als 5.000 AHS-Unterstufenschüler umfassen. Das würde etwa eine Modellregion in ganz Vorarlberg (derzeit knapp 4.000 AHS-Unterstufenschüler) oder im ganzen Burgenland (3.500) ermöglichen. In anderen Bundesländern könnten nur einzelne Regionen mitmachen - und auch das nur, wenn die bundesweite 15-Prozent-Marke nicht überschritten wird.

Größte Hürde wird aber die nötige Zustimmung der Eltern bzw. Lehrer an jedem einzelnen Standort sein: Jede AHS-Unterstufe und jede Neue Mittelschule müssen also einer Teilnahme zustimmen: Voraussetzung dafür ist einerseits eine einfache Mehrheit der Lehrer im Rahmen einer Lehrerkonferenz (diese ist bei einer Anwesenheit von zwei Drittel des Lehrpersonals beschlussfähig) sowie eine doppelte Zustimmungserfordernis bei den Eltern: Es muss sowohl eine einfache Mehrheit bei einer Abstimmung erreicht werden als auch insgesamt ein Drittel der Abstimmungsberechtigten. Auch die Einbeziehung von Privatschulen ist auf Antrag des Erhalters möglich.

Eingeführt wird eine Modellregion jeweils jahrgangsmäßig aufsteigend ab der fünften Schulstufe. Über die Teilnahme an der Modellregion stimmen also noch jene Eltern an der Schule ab, deren Kinder von dieser nicht mehr erfasst sind.

Umstellungsphase von rund 10 Jahren

Vom Zeithorizont her ist zumindest die Modellregion in Vorarlberg noch weit entfernt: Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sprach von einer Vorbereitungs- und Umstellungsphase von rund zehn Jahren. Aber auch anderswo dürfte es nicht viel schneller gehen. Im Gesetz sind unter anderem die Erarbeitung eines Bildungsplans sowie zahlreicher Konzepte, die Einbeziehung einer Vergleichsregion im Regelschulwesen etc. vorgesehen.

Eine österreichweite Einführung der Gesamtschule ist noch weiter entfernt - zumindest wenn man das nunmehrige Gesetz als Basis nimmt. Dort ist nämlich eine umfassende Evaluierung der Modellregionen vorgesehen - und zwar laufend, "jedenfalls aber im siebten des auf die Einrichtung der Modellregion folgenden Schuljahres". Rechnet man das alles zusammen, ist eines klar: Wer heute auf die Welt kommt, macht mit einer flächendeckenden Gesamtschule (abseits von Modellregionen) frühestens über seine eigenen Kinder Bekanntschaft.

(APA)

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