Flughafen Wien

Dritte Piste: Streit kostet 100 Millionen

Der Streit um die dritte Piste geht weiter.
Der Streit um die dritte Piste geht weiter. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Demnächst entscheidet der Verfassungsgerichtshof über die Beschwerde des Flughafens. Aber auch wenn er recht bekommt, wird das Verfahren noch Jahre dauern.

Wien. 17 Jahre kämpft der Flughafen Wien schon um eine dritte Piste – und es wird auch noch Jahre dauern, bis das umstrittene Bauvorhaben Realität wird. „Frühestens 2030 geht die Piste in Betrieb – vorausgesetzt, es läuft ab jetzt alles für uns“, gibt sich Vorstand Günther Ofner keinen Illusionen hin. Ein nächster wichtiger Schritt in dem Rechtsstreit um die dritte Piste dürfte dieser Tage erfolgen: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) befasst sich in der laufenden Session mit der Beschwerde, die das Flughafen-Management Ende März gegen den negativen Bescheid des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) eingebracht hat.

Die Höchstrichter geben sich wie üblich bedeckt, in welche Richtung das Pendel ausschlagen könnte. Ofner skizzierte am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten verschiedene Möglichkeiten: Die Verfassungsjuristen könnten das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof weiterleiten. Oder sie geben der Beschwerde statt, worauf Ofner und sein Vorstandskollege Julian Jäger zählen. Dann freilich wandert die Causa zurück an das BVwG – zum selben Senat übrigens, der das Verbot ausgesprochen hat. Womit das Zittern von Neuem beginnt.

Ofner prangerte einmal mehr nicht nur die „willkürliche Auslegung des Gesetzes“ (der drohende CO2-Ausstoß durch zusätzliche Flugbewegungen wurde als relevanter eingestuft als positive Effekte für den Arbeitsmarkt und den Standort) und maßgebliche Verfahrensmängel an. Er kritisierte generell die hierzulande übermäßig lange Dauer von Genehmigungsverfahren und Entscheidungen zu Infrastrukturprojekten. Das betreffe etwa auch den Lobautunnel.

Die Bürokratie verursache auch enorme Kosten: Für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) habe der Flughafen zehn Tonnen Papier eingereicht, inklusive Gutachten und Stellungnahmen umfasse der Akt wohl 30.000 Seiten. Allein an Kopierkosten sei eine Mio. Euro angefallen. Alles in allem werde das Verfahren um die dritte Piste an die 100 Mio. Euro kosten, schätzt Ofner.

Der Flughafen will die dritte Piste aber nicht nur, weil es bei einem anhaltenden Wachstum der Passagierzahlen von vier Prozent pro Jahr ab 2025 Kapazitätsengpässe geben dürfte. „Die Piste verschafft uns einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Flughäfen in Europa“, betont Jäger.

DHL baut Frachtzentrum

Ungeachtet der Piste treibt der Flughafen den Ausbau der Airport-City voran: Wie berichtet, werden innerhalb von zehn Jahren 1,6 Mrd. Euro investiert. Der größte Brocken entfällt mit einer halben Milliarde auf die Erneuerung des alten Terminal 2 und die Modernisierung des Pier Ost, der auch für den Riesenairbus A380 adaptiert wird. Dazu kommen der Office Park 4 und das Frachtzentrum. Im Gewerbepark ist man gerade mit der Frachttochter der Deutschen Post handelseins geworden: Die DHL errichtet dort auf rund 60.000 Quadratmetern ein neues Logistikzentrum. Mit einem britischen internationalen Unternehmen werde gerade verhandelt. Die Chancen, den Brexit-Flüchtling an Land zu ziehen, stehen gut.

Ebenso optimistisch geben sich Jäger und Ofner, die Lücke füllen zu können, die die schwer angeschlagene Air Berlin und deren Tochter Niki hinterlassen. Deren Marktanteil dürfte heuer auf acht Prozent fallen – vor wenigen Jahren waren es noch 20 Prozent. Davon profitiere nicht nur die AUA, deren Anteil heuer von der 44- auf die 50-Prozent-Marke zusteuere, sondern auch Billigairlines wie EasyJet und die Lufthansa-Tochter Eurowings. Jäger schätzt, dass sie heuer um eine Million mehr Passagiere nach Wien bringen werden. In den ersten fünf Monaten verzeichnete der Flughafen ein Passagierplus von 6,7 Prozent. Besonders positiv: Der Anteil der Umsteiger stieg nach Jahren des Rückgangs wieder, und zwar um 6,2 Prozent. Jäger: „Wien als Ost-West-Drehkreuz läuft wieder gut.“

Der Zugewinn von AUA und Eurowings bedeutet freilich auch, dass die Lufthansa-Gruppe in Summe bald auf 70 Prozent Marktanteil in Wien kommen könnte. Diese Dominanz bedeute auch Abhängigkeit, räumt Jäger ein. „Da liegt es nahe, dass wir uns auch um andere Airlines bemühen.“ Der Fokus liege dabei vor allem auf Anbietern von Langstrecken. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2017)

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