Helmut Kohl wird nicht im Familiengrab beerdigt

Kai Diekmann Bild Zeitung + Dr Maike Richter + Bundeskanzler a D Dr Helmut Kohl CDU beim Somm
Kai Diekmann Bild Zeitung + Dr Maike Richter + Bundeskanzler a D Dr Helmut Kohl CDU beim Somm(c) imago/Tinkeres (STEPHAN SCHRAPS)
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Der deutsche Altbundeskanzler habe dies 2015 mit seiner zweiten Ehefrau Maike Kohl-Richter entschieden. Er soll nicht in Ludwigshafen, sondern in Speyer beerdigt werden.

Der ehemalige deutsche Regierungschef Helmut Kohl wird an einem symbolträchtigen Platz beerdigt, an einem historisch aufgeladenen Ort. Die Wahl der letzten Ruhestätte für den Altkanzler ist ein politisches Statement - und verrät viel über den Menschen Kohl.

Das Familiengrab der Kohls liegt im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim, nur ein paar Kilometer entfernt vom Wohnhaus des früheren Kanzlers in Oggersheim. Die Eltern von Helmut Kohl sind hier begraben, Verwandte von Kohls Mutter - und seine frühere Frau Hannelore. Zwei Grabsteine stehen nebeneinander. Auf dem rechten ist nur ein Name eingraviert: "Hannelore Kohl 1933 - 2001".

Darunter ist Platz gehalten. Helmut Kohls Name wird dort in Zukunft nicht stehen. Der Altkanzler wird nicht im Familiengrab begraben, neben der Frau, mit der er 41 Jahre lang verheiratet war. Sondern in Speyer - an einem symbolträchtigen Ort, der ihm politisch sehr wichtig war. Die Entscheidung sagt viel aus über sein Leben.

Vorwürfe gegen zweite Ehefrau

Der langjährige deutsche Kanzler starb am vergangenen Freitag mit 87 Jahren in seinem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim. Seitdem wurde international mit viel Verve erinnert an den "Kanzler der Einheit", an den Wegbereiter der Europäischen Union, an den Langzeit-Regierungschef und seine politischen Verdienste. Es wurden aber auch Erinnerungen wach an den privaten Menschen Helmut Kohl - an den Ehemann, den Vater, den Großvater. Diese Seite ist weniger glanzvoll.

Kohls damalige Frau Hannelore nahm sich 2001 das Leben. Sie starb an einer Überdosis Schlaftabletten. Jahrelang war sie krank, litt unter einer Lichtallergie und musste im Dunkeln leben.

Sieben Jahre nach ihrem Tod heiratete Kohl wieder. Da war er selbst schon gesundheitlich schwer angeschlagen. Der zweiten Frau an seiner Seite, Maike Kohl-Richter, wird von vielen Seiten vorgeworfen, sie habe den 34 Jahre älteren Kohl abgeschirmt und dafür gesorgt, dass er sich von alten Vertrauten und Familienmitgliedern lossagte.

Das Verhältnis zu seinen Söhnen Walter und Peter ist zerrüttet. Walter Kohl sah seinen Vater erst am Totenbett wieder, zum ersten Mal nach mehreren Jahren. Von dessen Tod erfuhr er aus dem Radio. Sein Vater habe den Kontakt abgebrochen, habe keine Besuche erlaubt und auch seine Enkel nicht sehen wollen, sagte Walter Kohl am Freitag vor dem Haus in Oggersheim.

Der 53-Jährige sprach dort von den Brüchen im Leben der Familie Kohl, und von der Trauer, nicht Abschied nehmen zu können. Und zum Schluss sagte er noch, nun wolle er zum Grab seiner Mutter, das sei ja ganz in der Nähe, "und dort auch beten". Es wird das Grab seiner Mutter bleiben, es wird nicht das Grab seiner Eltern.

"Verbundenheit mit Speyer und dem Speyrer Dom"

Kohls Grab wird in Speyer auf dem Friedhof sein, auf dem ansonsten nur die Mitglieder des Domkapitels beigesetzt werden. Dieser liegt - zusammen mit dem Konrad-Adenauer-Park - auf dem Gelände des früheren Speyerer Friedhofs. Es sei Kohls Wunsch gewesen, dort seine letzte Ruhestätte zu finden, sagte der langjährige Kohl-Vertraute, der Ex-"Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann, der Deutschen Presse-Agentur. "Er hat dies gemeinsam mit seiner Frau im Spätsommer 2015 entschieden, als es gesundheitlich wieder einmal sehr kritisch um ihn stand." Die Entscheidung spiegele seine seit der Kindheit bestehende Verbundenheit mit Speyer und dem Speyerer Dom wider.

Das fast 1000 Jahre alte Gotteshaus ist ein besonderer Ort in Kohls Leben. Dort suchte er als Bub im Zweiten Weltkrieg Schutz vor Fliegerangriffen, dorthin führte er später als Kanzler zahlreiche Staats- und Regierungschefs. Dort war die Totenmesse für seine Frau Hannelore. Und an eben diesem Ort soll nun - nach einem europäischen Trauerakt in Straßburg - voraussichtlich am 1. Juli auch seine Totenmesse stattfinden. "Das ist mein Heimatdom", sagte Kohl 2001 über das Bauwerk, das seit 1981 auf der Weltkulturerbeliste steht.

Der Dom war auch für den Historiker Kohl von Bedeutung - als Sinnbild des geeinten Europas und seiner christlichen Wurzeln. Er stehe für knapp 1000 Jahre deutscher und europäischer Vergangenheit, sagte Kohl am 2. Juli 1999 in der Dom-Krypta. Wer sich den Sinn für das Wesentliche bewahrt habe, der spüre im Dom den "Atem der Geschichte".

Auch der letzte Ausflug seines Lebens führte Kohl in die Kathedrale. Kurz vor Weihnachten, gemeinsam mit seiner Frau Maike Kohl-Richter.

(APA/dpa)

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