Deutschland: Junge Juristinnen verdienen weit weniger als ihre Kollegen

Bruckberger
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Kleine und mittelgroße Anwaltskanzleien machen zwischen Frauen und Männern beim Gehalt besonders große Unterschiede, belegt die azur-Umfrage.

Zu welchem Ergebnis eine solche Umfrage wohl in Österreich kommen würde? Wir wissen es nicht. In Deutschland sind die Resultate jedenfalls ernüchternd: Rechtsanwaltsanwärter (Associates) verdienen in deutschen Rechtsanwaltskanzleien deutlich besser als ihre weiblichen Kollegen. Zu diesem Ergebnis kam eine aktuelle Umfrage, die das deutsche Karrieremagazin azur gerade publiziert hat. Insgesamt wurden im Sommer 2016 3.138 Vollzeit tätige Juristen befragt.

Der Durchschnittsverdienst lag demnach bei weiblichen Berufseinsteiger in Kanzleien bei rund 87.000 Euro. Männer verdienten im ersten Jahr dagegen durchschnittlich 91.000 Euro, gut fünf Prozent mehr. Im Vorjahr betrug der Abstand zwischen den Anfangsgehältern der männlichen und weiblichen Umfrageteilnehmer sogar satte zehn Prozent. Doch während sich diese Lücke offenbar zu schließen beginnt, ist der Gender Pay Gap im zweiten und dritten Berufsjahr größer geworden: Laut der azur-Umfrage 2016 verdienen Männer in diesem Dienstalter rund zwölf Prozent mehr als Frauen. 2015 waren es noch sechs bis sieben Prozent.

Es müssen erst einige Jahre vergehen, bis weibliche und männliche Associates endlich ungefähr gleich viel verdienen. Doch bis dahin ist ein großer Anteil der weiblichen Juristen bereits ausgeschieden. Laut der azur-Studie planen weibliche Rechtsanwaltsanwärterinnen bereits in den ersten drei Berufsjahren, den Arbeitgeber zu wechseln. Männer lassen sich damit offenbar länger Zeit.

Frauen zu bescheiden

Kleinere und mittelgroße Kanzleien, also solche, die weniger als 20 Rechtsanwälte zählen, machen gehaltsmäßig einen besonders großen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Weibliche Associates in den ersten drei Berufsjahren erhalten dort laut der azur-Umfrage 2016 im Durchschnitt nicht einmal 75 Prozent des üblichen Gehalts ihrer männlichen Kollegen. In mittelgroßen Kanzleien (20 bis 100 Rechtsanwälte) sind es immerhin 88 Prozent, in großen Einheiten mit über 100 Berufsträgern 93 Prozent.

Der Grund? Große Lawfirms haben häufig transparentere Gehaltschemata. Kleine und mittelgroße Kanzleien vereinbaren hingegen tendenziell das Salär auf individuelle Art und Weise innerhalb einer bestimmten Bandbreite. Den Resultaten zufolge finden sich Frauen offenbar eher am unteren Ende dieser Spanne als am oberen.

Das erstaunliche dabei: Juristinnen gaben bei der Umfrage durchwegs an, mit ihrem Gehalt zufrieden zu sein. Jedenfall waren sie um nichts weniger zufrieden als ihre männlichen Kollegen. Nähert sich das Durchschnittsgehalt der Frauen mit den Jahren dann dem Niveau an, das bei Männern üblich ist, äußern sich die weiblichen Umfrageteilnehmer sogar zufriedener als die männlichen Associates.

 

 


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